Gebührenstaffelung nach Nationalität

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lotusblume
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Gebührenstaffelung nach Nationalität

Beitrag von lotusblume »

fiktives Beispiel Freizeitpark:

Deutsche zahlen einen Eintrittspreis von 20 €, Franzosen 25 €.

Ist dies mit mit den EU Gesetzen vereinbar?

An wen könnte sich der Franzose wenden um eine Gleichstellung durchzusetzen?

Gruß und Dank für Informationen
schorschiii
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Re: Gebührenstaffelung nach Nationalität

Beitrag von schorschiii »

Es kommt dabei unter anderem darauf an, wer den Freizeitpark betreibt. Sind es Private, so ist eine solche Ungleichbehandlung "leichter" zu rechtfertigen, als wen die öffentliche Hand oder von ihr Beauftragte diesen betreiben. Die öffentliche Hand ist nämlich stärker an Art. 18 Abs. 1 AEUV, also dem Diskriminierungsverbot der EU, gebunden als andere.

Es gibt aber auch Fälle, in denen die öffentliche Hand EU-Ausländer ungleich behandeln darf. Dies setzt jedoch sachliche Gründe voraus. So zum Beispiel wenn Bürger in ihrem Land bestimmte Steuern zahlen, die EU-Ausländer nicht entrichten müssen. Dabei können höhere Abgaben oder Eintrittspreise ggf. gerechtfertigt sein, wenn die Steuern hierfür verwendet werden.
FM
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Re: Gebührenstaffelung nach Nationalität

Beitrag von FM »

Da es sich um ein zivilrechtliches Massengeschäft handelt, könnte es ein verstoß gegen das AGG sein. Sofern man "Franzose" als ethnische Herkunft und nicht nur als Staatsangehörigkeit versteht.

Aber das Beispiel ist so sehr fiktiv, daß es wohl nie real vorkommt.
lotusblume
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Re: Gebührenstaffelung nach Nationalität

Beitrag von lotusblume »

ah, ich hab das schon öfters im nichteuropäischen Ausland erlebt.

Konkret geht es mir um eine Triathlonveranstaltung in Estland .Teilnehmer aus den baltischen Staaten sowie einigen Staaten der GUS zahlen 60 € weniger an Startgebühren. Das find ich schon nen Hammer.

Irgendwie würde ich gerne denen Brüssel an den Hals schicken....
FM
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Re: Gebührenstaffelung nach Nationalität

Beitrag von FM »

Es könnte einen Unterschied machen, ob es dabei nach der ethnischen Herkunft (Abstammung), der Staatsangehörigkeit oder dem Wohnsitz geht.
schorschiii
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Re: Gebührenstaffelung nach Nationalität

Beitrag von schorschiii »

@FM
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist auf den deutschen Hoheitsraum begrenzt, da es ein deutsches Gesetz ist. Es würde also nicht in Estland greifen. Abgesehen von der örtlichen Begrenzung, gilt das AGG sachliche nur in Bezug auf Erwerbstätigkeit, Arbeitsbedingungen, Ausbildung etc. Das AGG findet also auf unseren Besucher im Freizeitpark keine Anwendung.

@lotusblume
Des Weiteren ist die Kommission für solche Angelegenheiten zuständig, in denen ein Mitgliedstaat seinen vertraglichen Pflichten nicht nachkommt. Also, ruhig mal den Originalsachverhalt per Email an die Kommission schicken. Eine Petition gem. Art. 227 AEUV wäre auch richtig, aber betrifft diese doch eher abstraktere Angelegenheiten zur EU.
FM
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Re: Gebührenstaffelung nach Nationalität

Beitrag von FM »

schorschiii hat geschrieben:@FM
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist auf den deutschen Hoheitsraum begrenzt, da es ein deutsches Gesetz ist. Es würde also nicht in Estland greifen. Abgesehen von der örtlichen Begrenzung, gilt das AGG sachliche nur in Bezug auf Erwerbstätigkeit, Arbeitsbedingungen, Ausbildung etc. Das AGG findet also auf unseren Besucher im Freizeitpark keine Anwendung.
1. Der Freizeitpark war mit dem Franzosen in Deutschland, in Estland war der Triathlon.
2. Das AGG bezieht sich nicht nur auf Erwerbstätigkeit, Arbeitsbedingungen und Ausbildung, sondern auch auf den Besuch von Freizeitparks.
3. http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/Lex ... 043:ET:PDF
PurpleRain
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Re: Gebührenstaffelung nach Nationalität

Beitrag von PurpleRain »

lotusblume hat geschrieben:Deutsche zahlen einen Eintrittspreis von 20 €, Franzosen 25 €.
Ist dies mit mit den EU Gesetzen vereinbar?
Falls nur die Staatsbürgerschaft geprüft wird, ist dies nicht zu beanstanden. So schützt das AGG auch nur gegen Diskriminierung nach der ethnischen Herkunft und nicht nach der Staatsbürgerschaft.
Eine spezifischen EU-Richtlinie, dienoch nicht in Deutsches Recht umgewandelt wurde, kann ich so nicht finden ...
FM hat geschrieben:3. http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/Lex ... 043:ET:PDF
Hier geht es nicht um die Gleichstellung von Mann und Frau - soviel Estisch sollte man doch verstehen können. :lol:
"Das ganze Problem mit der Welt ist, dass Dummköpfe und Fanatiker der Richtigkeit ihrer Sicht immer so sicher, weise Menschen aber so voller Zweifel sind." Bertrand Russel
lotusblume
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Re: Gebührenstaffelung nach Nationalität

Beitrag von lotusblume »

hier mal die Website:

http://star-events.cc/site/en/tristar-e ... egulations




gruß und schönes WE
FM
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Re: Gebührenstaffelung nach Nationalität

Beitrag von FM »

Da ist ja eine noch viel gravierendere Diskriminierung:
TriStar11.1 for children free
Wer über 18 (oder was auch immer da als Grenze gilt) ist wird also altersdiskriminiert!

Sowohl das Alter als auch die Nationalität werden hier wohl als Indiz für die finanzielle Leistungsfähigkeit genommen, was eine zulässige Differenzierung wäre. Klar, das Kind des russischen Millionärs kann schon leistungsfähiger sein als der deutsche Hilfsarbeiter.

Also besser ein Einkommensnachweis, ähnlich zu den deutschen Hartz-IV-Formularen, mit entsprechenden nachweisen und dann noch einer gutachterlichen Stellungnahme was dies gemessen an der Kaufkraft des Wohnortes bedeutet. Wäre ne Möglichkeit, müßte dann aber wohl in der Landessprache vorgelegt werden.
lotusblume
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Re: Gebührenstaffelung nach Nationalität

Beitrag von lotusblume »

Naja, das mit den Kindern habe ich als OK angesehen, wobei ja 14 jährige durchaus einen höheren finanziellen Spielraum haben können als ein erwerbstätiger Arbeitnehmer. Aber das ist eine ander Sache.


Mich nervt es, dass hier innerhalb der EU Gemeinschaft, die nationalität (Wohnsitz?) als Kriterium genommen wird.

Hat jemand einen Vorschlag an welche Stelle ich mich da wenden könnte?
FM
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Re: Gebührenstaffelung nach Nationalität

Beitrag von FM »

lotusblume hat geschrieben:
Hat jemand einen Vorschlag an welche Stelle ich mich da wenden könnte?
An die von der Republik Estland gem. Art. 13 der EU-Richtlinie 2000/43/EG eingerichtete Stelle.
PurpleRain
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Re: Gebührenstaffelung nach Nationalität

Beitrag von PurpleRain »

FM hat geschrieben:An die von der Republik Estland gem. Art. 13 der EU-Richtlinie 2000/43/EG eingerichtete Stelle.
:idea: Sehr gut, diesmal eine besser passende Richtlinie erwischt - Deutsch liest sich für Sie wohl besser ...
Die Differenzierung bei den Veranstaltungen ist aber nach Staatsbürgerschaft oder Wohnort, die Richtlinie orientiert sich nach der ethnischen Herkunft.
Nach der Richtlinier wird's auch nichts mit Reklamieren.

Ich kann auch nicht Besseres finden - es ist wohl auch nach EU-Recht zulässig.
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Re: Gebührenstaffelung nach Nationalität

Beitrag von Behördenschreck »

Wenn es sich um eine öffentliche Einrichtung handelt gelten die Grundsätze, wie sie in nachfolgendem Urteil des EuGH dargetan sind:
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/Lex ... 88:DE:HTML

Mit Beschwerden kann man sich kostenlos an das Solvit-Netzwerk wenden:
http://ec.europa.eu/solvit/site/index_de.htm
Grüssle

Behoerdenschreck
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