Wohnrecht und höherrangiges Vorkaufsrecht

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erich234
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Wohnrecht und höherrangiges Vorkaufsrecht

Beitrag von erich234 »

Hallo liebe recht.de community. Ich besitze eine Wohnung und habe meiner Mieterin ein lebenslanges Wohnrecht erteilt, welches schuldrechtlich an die Miete gebunden ist. Die Rangfolge im Grundbuch für die Eigentumswohnung ist wie folgt:

1. Eine Grundschuld von 75.000 Euro
2. Ein Vorkaufsrecht für meinen Bruder
3. Das Wohnrecht für die Mieterin

Ich habe mich bereits informiert und in Erfahrung gebracht, dass, sollte die Bank die Zwangsversteigerung betreiben, würde das Wohnrecht wohl gelöscht bzw. wertlos.

Ich will die Wohnung nun aus finanziellen Gründen verkaufen, auch wenn es nicht so eng ist, dass die Zwangsversteigerung anstünde.

Wenn ich die Wohnung an meinen Bruder verkaufe, der ja das (explizit im Wohnrecht als ranghöher genannte) Vorkaufsrecht besitzt, würde damit das Wohnrecht für meine Mieterin auch erlöschen bzw. wertlos werden?

Edit: oder von einem anderen Blickpunkt: habe ich durch die Eintragung des Wohnrechtes den Wert des Vorkaufsrechtes meines Bruders gemindert? Er hatte ja vorher die Möglichkeit die Wohnung zu kaufen und dann für sich selbst zu nutzen. Wegen des Wohnrechtes kann er sie nun zwar kaufen, aber nicht mehr selbst nutzen, wenn es beim Kauf bestehen bleibt. Damit ergibt sich doch eine Minderung des Wertes seines Vorkaufsrechtes oder nicht?
SusanneBerlin
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Re: Wohnrecht und höherrangiges Vorkaufsrecht

Beitrag von SusanneBerlin »

Er hatte ja vorher die Möglichkeit die Wohnung zu kaufen und dann für sich selbst zu nutzen.
Hatte er nicht. Du hattest die Wohnung doch nicht zum Kauf angeboten. Also konnte er auch nicht kaufen. Das Vorkaufsrecht gibt dem Berechtigten keine Möglichkeit den Kauf zu erzwingen. Er hätte die lediglich ein Angebot machen können und du hättest entscheiden können ob du es annimmst oder nicht. Dazu braucht man aber kein Vorkaufsrecht, ein Angebot kann jeder machen.
Wegen des Wohnrechtes kann er sie nun zwar kaufen, aber nicht mehr selbst nutzen, wenn es beim Kauf bestehen bleibt. Damit ergibt sich doch eine Minderung des Wertes seines Vorkaufsrechtes oder nicht?
Er muss deine Wohnung doch nicht kaufen. Wenn er eine Wohnung zur Selbstnutzung sucht wird das eigetragene Wohnrecht wohl dazu führen dass er das Vorkaufsrecht nicht ausübt.

Ferner garantiert ihm das Vorkaufsrecht auch nicht, zu einem von ihm selbst gewählten Preis zu kaufen.

Wenn du das alles was ich schreibe nicht wußtest, dann weißt du anscheinend nicht was ein Vorkaufsrecht bedeutet.

Was zum Nachlesen: https://de.wikipedia.org/wiki/Vorkaufsrecht
Grüße, Susanne
erich234
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Re: Wohnrecht und höherrangiges Vorkaufsrecht

Beitrag von erich234 »

Danke für die schnelle Antwort. Entschuldige, ich hätte das ausführlicher formulieren sollen. Mir ist bekannt was das Vorkaufsrecht bedeutet. Ich meinte natürlich, dass er im Verkaufsfall das Recht hätte, die Wohnung zu gleichen Bedingungen zu kaufen. Dann hätte er sie selbst nutzen können, wenn ein Verkauf vor der Vergabe des Wohnrechts zustande gekommen wäre.

Mein Bruder hat sich dieses Vorkaufsrecht mit Blick darauf geben lassen, dass er diese Wohnung einmal selbst für seinen Altersruhestand nutzen kann, sollte ich sie verkaufen. Insofern wird das Vorkaufsrecht für ihn subjektiv wertlos, was es vor der Vergabe des Wohnrechtes subjektiv nicht war.

Ich leite aus deiner Antwort ab, dass sich objektiv am Wert des Vorkaufsrechtes durch die Vergabe des Wohnrechtes nichts geändert hat und mein Bruder damit auch keinen Schadensersatz fordern kann.
CruNCC
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Re: Wohnrecht und höherrangiges Vorkaufsrecht

Beitrag von CruNCC »

Ich leite aus deiner Antwort ab, dass sich objektiv am Wert des Vorkaufsrechtes durch die Vergabe des Wohnrechtes nichts geändert hat und mein Bruder damit auch keinen Schadensersatz fordern kann.
Das Vorkaufsrecht hat keinen "Wert", sondern ist lediglich das Recht, bei einem Verkauf, das Vorkaufsrecht geltend zu machen. Das eingetragene Wohnrecht mindert den Wert der Wohnung.

"Schadensersatz" kann der Bruder nicht fordern.
winterspaziergang

Re: Wohnrecht und höherrangiges Vorkaufsrecht

Beitrag von winterspaziergang »

erich234 hat geschrieben: Mein Bruder hat sich dieses Vorkaufsrecht mit Blick darauf geben lassen, dass er diese Wohnung einmal selbst für seinen Altersruhestand nutzen kann, sollte ich sie verkaufen. Insofern wird das Vorkaufsrecht für ihn subjektiv wertlos, was es vor der Vergabe des Wohnrechtes subjektiv nicht war.
Fehlt da irgendeine Information? wozu lässt sich der Bruder das Vorkaufsrecht für eine nicht von ihm bewohnte Wohnung eintragen? Für den Altersruhestand kommen i.A. auch andere Wohnungen als die des Geschwisters in Frage.
Ist die Wohnung so einzigartig oder hängt da irgendeine Erbauseinandersetzung dran?
Ich leite aus deiner Antwort ab, dass sich objektiv am Wert des Vorkaufsrechtes durch die Vergabe des Wohnrechtes nichts geändert hat und mein Bruder damit auch keinen Schadensersatz fordern kann.
der Wert des Vorkaufsrechts nicht, aber i.A. der Wert der Wohnung und damit der Kaufpreis, den man erzielen kann
erich234
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Re: Wohnrecht und höherrangiges Vorkaufsrecht

Beitrag von erich234 »

Ist die Wohnung so einzigartig oder hängt da irgendeine Erbauseinandersetzung dran?
Also eine Auseinandersetzung würde ich es nicht nennen. Die Wohnung ist eine sehr schöne (und wertvolle) Jugendstilwohnung im Erdgeschoss, in bester Lage. Das Haus ist schon seit 3 Generationen in Familienbesitz. Meinem Bruder gehört die Dachgeschosswohnung im selben Haus. Am liebsten würde er das ganze Haus kaufen, was er auch könnte, wenn es nur ums Geld ginge.

Um noch einmal auf meine erste Frage zurückzukommen: Da das Wohnrecht also keinen Einfluss ausübt auf den Wert des Vorkaufsrechtes schließe ich, dass auch im VOrkaufsfall (nicht VErkaufsfall und nicht Zwangsversteigerung) das Wohnrecht nicht gelöscht oder wertlos würde. Ist das so korrekt?
winterspaziergang

Re: Wohnrecht und höherrangiges Vorkaufsrecht

Beitrag von winterspaziergang »

erich234 hat geschrieben:
Ist die Wohnung so einzigartig oder hängt da irgendeine Erbauseinandersetzung dran?
Also eine Auseinandersetzung würde ich es nicht nennen. Die Wohnung ist eine sehr schöne (und wertvolle) Jugendstilwohnung im Erdgeschoss, in bester Lage. Das Haus ist schon seit 3 Generationen in Familienbesitz.
So etwas war zu vermuten
Meinem Bruder gehört die Dachgeschosswohnung im selben Haus. Am liebsten würde er das ganze Haus kaufen, was er auch könnte, wenn es nur ums Geld ginge.
alles klar
Um noch einmal auf meine erste Frage zurückzukommen: Da das Wohnrecht also keinen Einfluss ausübt auf den Wert des Vorkaufsrechtes schließe ich, dass auch im VOrkaufsfall (nicht VErkaufsfall und nicht Zwangsversteigerung) das Wohnrecht nicht gelöscht oder wertlos würde. Ist das so korrekt?
richtig- man kann mit dem Wohnrecht für die Mieterin dafür sorgen, dass der Bruder die Wohnung kaufen, aber nicht selbst nutzen kann. Wenn es entsprechend rechtssicher eingetragen ist, bleibt es bei Verkauf bestehen.
erich234
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Re: Wohnrecht und höherrangiges Vorkaufsrecht

Beitrag von erich234 »

Vielen Dank an euch alle für die ausführlichen Antworten. Damit sind meine Fragen beantwortet.

Falls es von Interesse ist: ich habe das Wohnrecht nicht vergeben, damit mein Bruder den kürzeren zieht sondern um dieser Mieterin einen sicheren Wohnsitz zu geben. So unklug den Verkaufswert der Wohnung so stark zu mindern nur um meinem Bruder eins auszuwischen bin ich nun auch wieder nicht. Ich wollte die Wohnung ohnehin weder meinem Bruder noch sonst irgendwem vekaufen, konnte aber meine jetzige Situation natürlich nicht vorhersehen.
winterspaziergang

Re: Wohnrecht und höherrangiges Vorkaufsrecht

Beitrag von winterspaziergang »

erich234 hat geschrieben:Vielen Dank an euch alle für die ausführlichen Antworten. Damit sind meine Fragen beantwortet.

Falls es von Interesse ist: ich habe das Wohnrecht nicht vergeben, damit mein Bruder den kürzeren zieht sondern um dieser Mieterin einen sicheren Wohnsitz zu geben. So unklug den Verkaufswert der Wohnung so stark zu mindern nur um meinem Bruder eins auszuwischen bin ich nun auch wieder nicht. Ich wollte die Wohnung ohnehin weder meinem Bruder noch sonst irgendwem vekaufen, konnte aber meine jetzige Situation natürlich nicht vorhersehen.
Die Entscheidung obliegt dem Eigentümer und der muss seine Beweggründe nicht begründen.

Allerdings: Die Mieterin hat eine Sicherheit auch ohne Wohnrecht, denn niemand wird den jetzigen Eigentümer zwingen, Eigenbedarf anzumelden und ohne diesen kann ein Mieter bei regelmäßiger Mietzahlung seine Wohnung nicht verlieren.
Wenn man nicht von der jetzigen Situation ausging, dass man verkaufen muss, kann man sich also schon fragen, wozu diese Sicherheit notwendig war, wenn man nicht die Mieterin vor einem Eigenbedarf eines eventuell späteren Käufers oder Erben schützen wollte. Da der Bruder das eingetragene Vorkaufsrecht und das nötige Geld hat, war nicht unabsehbar, wer dieser eventuelle Käufer sein würde.

In der Tat hat man durch das Wohnrecht den Wert der Wohnung gemindert.
Der Bruder kann sie natürlich immer noch zum jetzigen Marktwert erwerben - nur nicht darin wohnen, solange die Mieterin nicht auszieht.
khmlev
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Re: Wohnrecht und höherrangiges Vorkaufsrecht

Beitrag von khmlev »

winterspaziergang hat geschrieben:Der Bruder kann sie natürlich immer noch zum jetzigen Marktwert erwerben - nur nicht darin wohnen, solange die Mieterin nicht auszieht.
Damit der Bruder darin wohnen kann, bedarf es mehr als nur des Auszuges.

Das Wohnungsrecht muss erlöschen. Das Recht erlischt, wenn seine Ausübung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen dauernd unmöglich wird.
erich234 hat geschrieben:habe meiner Mieterin ein lebenslanges Wohnrecht erteilt, welches schuldrechtlich an die Miete gebunden ist.
Das Wohnungsrecht erlischt durch Tod der Mieterin oder durch Beendigung des Mietverhältnisses.
Gruß
khmlev
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erich234
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Re: Wohnrecht und höherrangiges Vorkaufsrecht

Beitrag von erich234 »

Herzlichen Dank für all die ausführlichen Infos!
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