Storno Pauschalreise - Mehrkosten Mitreisende

Reisevertragsrecht, Reisevermittlungsrecht, Reiseversicherungsrecht, Luft-, Bus-, Bahn- und Schiffsbeförderungsrecht

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xtheblx
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Storno Pauschalreise - Mehrkosten Mitreisende

Beitrag von xtheblx »

Hallo,

folgende Sachlage:

Familie X bucht Pauschalurlaub in Tunesien
Vater - 650,- €
Mutter - 650,- €
Kind - 280,- €
Oma - 650,- €
gebucht ist Appartment mit 2 Schlafzimmern - All inklusive

Oma kann aus gesundheitlichen Gründen den Urlaub nicht antreten.
Stornokosten lt. Veranstalter 25% des Reisepreises.

Jetzt sagt der Veranstalter aber auch, Oma hat storniert, deshalb muss Kind den Preis eines Erwachsenen zahlen, ansonsten könne kein Appartment bezogen werden.

Meine Fragen zur Rechtslage:
1. Stornokosten in Höhe von 25% ok ? Gab es da nicht mit Urteil eine Begrenzung auf 20% ?
2. Ist die Mehrbelastung der Mitreisenden rechtlich einwandfrei ? Ich habe schon mehrfach den Satz gelesen (sinngemäß) "Durch Storno eines Reisenden dürfen die anderen Mitreisenden nicht belastet werden" - gibt es dafür eine rechtliche Grundlage ? Urteil o.ä. ?

Für hilfreiche Antworten sage ich Danke im Voraus!
jajosch
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Re: Storno Pauschalreise - Mehrkosten Mitreisende

Beitrag von jajosch »

Der Entschädigungsanspruch des Reiseveranstalters richtet sich nach § 651i Abs. 2, S. 2, 3 BGB. Dieser kann i.R.d. § 651i Abs. 3 BGB pauschalisiert werden. Das Urteil an das sie denken mögen betraf mE die Höhe der Anzahlung auf den zu leistenden Reisepreis.

Zur zweiten Frage wüsste ich nur 651a Abs. 4 BGB heranzuziehen. Da dies letztlich eine Erhöhung des Reisepreises darstellt, muss diese der Höhe nach dem § 651a Abs. 4 S. 1 BGB entsprechen. Etwaige Rechte des Reisenden können sich aus § 651a Abs. 5 S. 2 BGB ergeben. Urteile zu dieser Frage kenne ich aus dem Stegreif nicht.
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klausschlesinger
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Re: Storno Pauschalreise - Mehrkosten Mitreisende

Beitrag von klausschlesinger »

jajosch hat geschrieben:Der Entschädigungsanspruch des Reiseveranstalters richtet sich nach § 651i Abs. 2, S. 2, 3 BGB. Dieser kann i.R.d. § 651i Abs. 3 BGB pauschalisiert werden. Das Urteil an das sie denken mögen betraf mE die Höhe der Anzahlung auf den zu leistenden Reisepreis.
Es geht um das Urteil des BGB, Az.: X ZR 13/14. Einige Rechtsgelehrte lesen aus dem Urteil nicht nur die Höhe der Anzahlung heraus sondern noch etwas mehr:
'Die meisten Reiseveranstalter haben in Ihren AGB Klauseln, die die Höhe dieser Stornogebühren festlegen sollen. Nach dem Urteil des BGH vom 09.12.2014 zum Aktenzeichen X ZR 13/14 kann davon ausgegangen werden, dass diese Storno-Klauseln im Reisevertrag sämtlich unwirksam sein dürften, da Sie gegen den Grundsatz aus § 651 i BGB verstoßen. Diese Rechtsprechung stellt eine vollständige Umkehr der Rechtsprechung dar, die bisher davon ausgegangen ist, dass diese Klauseln grundsätzlich zulässig sein dürften, nur regelmäßig an der Höhe etwas auszusetzen hatte.' Quelle: RA'in Grit Andersch, Berlin, auf: http://www.recht-im-tourismus.de/Tipps/ ... ckBer.html

Ich würde als Reisender hier ganz einfach 'die 'Füße stillhalten'. Schließlich geht es lt. Fragesteller um Stornokosten von 20 % oder 25 % des Reisepreises. Das sind hier konkret entweder EUR 130,- oder EUR 162,50, also ganze EUR 32,50 Unterschied. - Wenn nun die Stornokosten vom Reiseveranstalter konkret vorgerechnet werden, können sie durchaus höher ausfallen. Mit EUR 162,50 hat der Reisende jedoch einen konkret überschaubaren Betrag und keine Ungewißheit.
jajosch hat geschrieben: Zur zweiten Frage wüsste ich nur 651a Abs. 4 BGB heranzuziehen. Da dies letztlich eine Erhöhung des Reisepreises darstellt, muss diese der Höhe nach dem § 651a Abs. 4 S. 1 BGB entsprechen. Etwaige Rechte des Reisenden können sich aus § 651a Abs. 5 S. 2 BGB ergeben. Urteile zu dieser Frage kenne ich aus dem Stegreif nicht.
Den würde ich auch heranziehen, denn dieser sagt abschließend auf, unter welchen Umständen der Reiseveranstalter den Reisepreis für jeden einzelnen Reisenden erhöhen darf. Das Ausbleiben eine Mitreisenden ist dort nicht aufgezählt.
Ich mache zwei Kampfsportarten: Ju-Jutsu und Jura. - Jura ist die schwierigere!
'Es sei nicht immer zu verlangen, „dass der Inhalt gesetzlicher Vorschriften dem Bürger grundsätzlich ohne Zuhilfenahme juristischer Fachkunde erkennbar sein muss“.' (BVerfG)
jajosch
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Re: Storno Pauschalreise - Mehrkosten Mitreisende

Beitrag von jajosch »

Danke für die Ergänzung. Ich würde mich der Ansicht von RA Grit allerdings nicht ohne Weiteres anschließen wollen. Anzahlung auf den Reisepreis einerseits und die Stornokosten auf der anderen Seite gehen in verschiedene Richtungen. Eine Anzalung verlagert das Insolvenzrisiko des RV zum Teil auf den Reisenden. Diese Gefahr besteht bei einem Rücktritt des Reisenden nicht. Dies rechtfertigt Kritik an einer hohen Anzahlung, nicht aber zwingend auch bzgl. der Storno-Pauschale. Aber dies nur am Rande. Ansonsten stimme ich zu.
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