Falscher Ansprechpartner vor Ort?

Reisevertragsrecht, Reisevermittlungsrecht, Reiseversicherungsrecht, Luft-, Bus-, Bahn- und Schiffsbeförderungsrecht

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ILEMax
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Falscher Ansprechpartner vor Ort?

Beitrag von ILEMax »

Hallo *all
Jemand hat im letzten Urlaub in Hurgada ziemlich viel Pech gehabt.
Gleich am 1. Tag wurde der Reiseleiter angesprochen (auf die 2 bis dahin aufgetretenen Probleme)
Eine Lösung wurde besprochen und von akzeptiert (besser als nix).
Die Lösung wurde Tags darauf zurück genommen, es stellte sich eine Gäste Betreuerin vor, zuständig für alle Probleme
rund um den Urlaub im Hotel.
Mit Ihr wurde die Lösung wieder eingeleitet. Auch versprach Sie, sich um das andere Thema und eine zusätzlich aufgetretenes Problem zu kümmern.
Sicherlich hat Sie sich bemüht. Problemlösung 1 wurde auch bis zum Urlaubsende einigermaßen eingehalten.
Problem 2 nach erneuter Ansprache (also am 3. Tag) auch gelöst, hielt 1 Woche.
Leider traten immer wieder Ärgernisse auf, die nicht, oder erst nach mehreren Tagen gelöst wurden.
Am 6. Tag war der Fahrstuhl mit Insektengift besprüht worden. Gegen 23:05 sind wir in den 6. Stock gefahren.
Dabei sind wir im Fahrstuhl zusammengebrochen und konnten Ihn nur kriechend im eigenen erbrochenen verlassen.
Wir hatten todesangst!
Lt Hotel ist das Mittel harmlos für Menschen. Die Chemische Zusammensetzung wollte man mir aber nicht sagen
Auch hier, die Gäste Betreuerin hat sich (erfolglos) bemüht.
Weitere mehr oder weniger unangenehme Ereignisse vervollständigten den Urlaub.
Nun behauptet die Muttergesellschaft unseres Reiseveranstalters, wir hätten alles, jeden einzelnen Mangel, mit dem Reiseleiter besprechen müssen. (nur selten vor Ort, theoretisch aber telefonisch erreichbar).
Keiner der von uns beklagten Mängel sei real, da wir ihn nicht gemeldet hätten.
Eine Teilerstattung des Reisepreises würden wir angemessen finden, das ist uns aber nicht ganz so wichtig. Die Zusammensetzung der Chemikalien die wir einatmen mußten, sowie eine zukünftige Sperrung des Fahrstuhls wenn dieser Chemisch behandelt wurde halte ich jedoch für zwingend notwendig.

Wie ist die Rechtslage?
Hätten wir permanent den Reiseleiter kontaktieren müssen?
(Es gibt für alle Ereignisse Zeugen oder Bilder, nur für den Chemieunfall nicht, dieser wurde aber vom Hotel nicht bestritten, sondern nur verharmlost)

Danke
Der ILEMax
klausschlesinger
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Re: Falscher Ansprechpartner vor Ort?

Beitrag von klausschlesinger »

ILEMax hat geschrieben: Gleich am 1. Tag wurde der Reiseleiter angesprochen (auf die 2 bis dahin aufgetretenen Probleme)
Eine Lösung wurde besprochen und von akzeptiert (besser als nix).
...
Die Lösung wurde Tags darauf zurück genommen, es stellte sich eine Gäste Betreuerin vor, zuständig für alle Probleme
rund um den Urlaub im Hotel.
Mit Ihr wurde die Lösung wieder eingeleitet. Auch versprach Sie, sich um das andere Thema und eine zusätzlich aufgetretenes Problem zu kümmern.
...
Leider traten immer wieder Ärgernisse auf, die nicht, oder erst nach mehreren Tagen gelöst wurden.
...
Nun behauptet die Muttergesellschaft unseres Reiseveranstalters, wir hätten alles, jeden einzelnen Mangel, mit dem Reiseleiter besprechen müssen. (nur selten vor Ort, theoretisch aber telefonisch erreichbar).
...
Hätten wir permanent den Reiseleiter kontaktieren müssen?
Stellt der Reisende während der Reise fest, dass ein Mangel vorliegt, muß er vor Ort Abhilfe verlangen. Dieses Abhilfeverlangen ist im Normalfall an die örtliche Reiseleitung zu richten. Wenn keine Reiseleitung vor Ort ist, muss sich der Reisende direkt an den Reiseveranstalter wenden; sei es direkt an den Firmensitz oder an die Niederlassung im jeweiligen Reiseland.
Sinn und Zweck einer Mängelrüge an den Reiseveranstalter ist es, diesen in die Lage zu versetzen, die Mängel umgehend abzustellen. Dies ist offenbar im vorlieigenden Sachverhalt nicht geschehen. Folgerichtig kann man später auch keine Ansprüche auf Reisepreisminderung gegen den Veranstalter durchsetzen.
Ob eine Mängelrüge an die Erfüllungsgehilfen des Reiseveranstalters (z. B. Fluggesellschaft oder Hotelier und deren Angestellte) ausreicht, ist in der reiserechtlichen Literatur höchst umstritten.
Im vorliegneden Sachverhalt erfolgte die Mängelrüge offenbar bei der 'Gästebetreuerin', welche nicht im Lager des Reiseveranstalters sondern im Lager des Hotels steht. Diese Mängelrüge reicht daher nicht aus, um eine nachträgliche Preisminderung geltende machen zu können.
Hierzu:
§ 651d Abs 2 BGB -Minderung-
Die Minderung tritt nicht ein, soweit es der Reisende schuldhaft unterlässt, den Mangel anzuzeigen.
ILEMax hat geschrieben: Am 6. Tag war der Fahrstuhl mit Insektengift besprüht worden. Gegen 23:05 sind wir in den 6. Stock gefahren.
Dabei sind wir im Fahrstuhl zusammengebrochen und konnten Ihn nur kriechend im eigenen erbrochenen verlassen.
Wir hatten todesangst!
Lt Hotel ist das Mittel harmlos für Menschen. Die Chemische Zusammensetzung wollte man mir aber nicht sagen
Auch hier, die Gäste Betreuerin hat sich (erfolglos) bemüht.
...
Nun behauptet die Muttergesellschaft unseres Reiseveranstalters, wir hätten alles, jeden einzelnen Mangel, mit dem Reiseleiter besprechen müssen. (nur selten vor Ort, theoretisch aber telefonisch erreichbar).
...
Hätten wir permanent den Reiseleiter kontaktieren müssen?
Zur Unbenutzbarkeit des Fahstuhls: Eine Mängelanzeige wäre ausnahmsweise entbehrlich, wenn eine Abhilfe nicht möglich ist. Allerdings ist ein vorübergehend unbenutzbarer Fahrstuhl kein ausgleichspflichtiger Reisemangel sondern eine vom Reisenden ersatzlos hinzunehmende Uanannehmlichkeit.
Aber:
Wenn der Reisende sich infolge des Insektengiftes übergeben mußte, dann käme
§ 651f Abs. 1 BGB -Schadensersatz-
Der Reisende kann unbeschadet der Minderung oder der Kündigung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, es sei denn, der Mangel der Reise beruht auf einem Umstand, den der Reiseveranstalter nicht zu vertreten hat.
zum Zuge. Hierbie ist keine Mängelrüge erforderlich.
Beachte aber die Ausschlußfrist aus
§ 645g Abs. 1 BGB
Ansprüche nach den §§ 651c bis 651f hat der Reisende innerhalb eines Monats nach der vertraglich vorgesehenen Beendigung der Reise gegenüber dem Reiseveranstalter geltend zu machen. § 174 ist nicht anzuwenden. Nach Ablauf der Frist kann der Reisende Ansprüche nur geltend machen, wenn er ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert worden ist.

ILEMax hat geschrieben: (Es gibt für alle Ereignisse Zeugen oder Bilder, nur für den Chemieunfall nicht, dieser wurde aber vom Hotel nicht bestritten, sondern nur verharmlost)
Wer etwas behautpet, der muß es auch beweisen. Dies ist ein elementarer Grundsatz im Zivilrecht. Spätestens vor Gericht muß der Reisende lückenlos darlegen, daß das Insektengift im Fahrstuhl kausal für das Erbrechen war. Für ein Erbrechen gibt es auch andere Ursachen (Krankheit, falsches Essen außerhalb des Hotel usw.). Die Beweisbarkeit der Kausalität wird m. E. schwierig.
Ich mache zwei Kampfsportarten: Ju-Jutsu und Jura. - Jura ist die schwierigere!
'Es sei nicht immer zu verlangen, „dass der Inhalt gesetzlicher Vorschriften dem Bürger grundsätzlich ohne Zuhilfenahme juristischer Fachkunde erkennbar sein muss“.' (BVerfG)
ILEMax
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Re: Falscher Ansprechpartner vor Ort?

Beitrag von ILEMax »

Danke für die ausführliche Antwort.
Für ein Erbrechen gibt es auch andere Ursachen (Krankheit, falsches Essen außerhalb des Hotel usw.). Die Beweisbarkeit der Kausalität wird m. E. schwierig.
2 Personen gehen in einen Fahrstuhl, bekommen keine Luft mehr, übergeben sich und sind heilsfroh, das der Fahrstuhl endlich seine Türen öffnet. Sie kriechen heraus und robben zum Flurfenster.
Der Hotelbesitzer entschuldigt sich, bringt eine Flasche Wein als Entschädigung, bietet den (wirtschaftlich abhänigen) Hotelarzt an, verweigert aber den Namen des Insektengifts bzw. dessen Zusammensetzung.

All das, weil beide Personen plötzlich gemeinsam Krank werden?
Stimmt klingt logisch. Verheiratete teilen immer alles, sofort, also auch Ihre Krankheiten.

Schade

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