Hart IV in Trennung?

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segelmann05
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Hart IV in Trennung?

Beitrag von segelmann05 »

Hallo liebe Forengemeinde,

ein Ehepaar ist seit Oktober 2014 verheiratet und seit August 2016 in Trennung lebend. Sie haben ein gemeinsames vierjähriges Kind und verstehen sich gut. Es gibt keine Schlammschlachten, Rosenkriege o. Ä. Der Mann ist als einziger erwerbstätig. Die Frau war in der Ehe Hausfrau. Durch die Umstrukturierung des Lebens möchte sie eine Arbeit als berufliche Betreuerin aufnehmen. Hierfür ist es üblich, dass sie erst ca. 10 Fälle ehrenamtlich bearbeitet, ehe sie hauptberuflich Betreuerin werden kann. In dieser Zeit hat sie keine Einnahmen. Der Ehemann zahlt Kindesunterhalt und auch - je nach Möglichkeit - mehr oder weniger Trennungsunterhalt. Bisher wurde gerichtlich nichts festgelegt und die beiden konnten sich so einigen. Der Ehemann zahlt im Monat mind. 335 € an Unterhalt - maximal 535 €. Die Zahlen schwanken, weil er selbstständig ist und unregelmäßige Einnahmen hat. Die Ehefrau ist in der gemeinsamen Wohnung wohnen geblieben. Sie zahlt keine Miete, weil es die Wohnung ihrer Mutter ist. Der Ehemann ist in das gemeinsame Haus gezogen, das teilsaniert ist und eigentlich zu einem späteren Zeitpunkt gemeinsam bezogen werden sollte. Die Ehefrau behält auch das Kindergeld.

Gibt es für die Ehefrau Möglichkeiten, bis zur Anerkennung ihrer Betreuertätigkeit Hartz IV zu erhalten, weil das Geld, was sie aktuell erhält, nicht ausreicht? Kann das Hartz IV Amt verlangen, den Ehemann zu verklagen? Die Beziehung des Paars ist seit der Trennung weitgehend stabil, was allen zugute kommt - juristische Forderungen wären für die Zwischenmenschlichkeit nicht so gut. Außerdem hat die Ehefrau eine Arbeit in Aussicht. An der geplanten Scheidung möchten beide festhalten. Das gemeinsame Haus, in dem der Ehemann wohnt, hat einen Wert von ca. 50.000 € weil es zu großen Teilen nicht saniert ist und keinem modernen Standard entspricht.

Vielen Dank für erste Hinweise
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Re: Hart IV in Trennung?

Beitrag von questionable content »

Einen Antrag stellen und die Sache prüfen lassen kann man immer.

Was den Unterhalt angeht: Falls Leistungen bewilligt werden, gehen alle Unterhaltsansprüche bis zu dieser Höhe auf das Jobcenter über. Das Jobcenter wird dann selbst gegenüber dem Ehemann den Unterhalts geltend machen und ggf. gerichtlich festsetzen lassen.

Zum Haus: So es ein gemeinsames Haus mit hälftigen Eigentumsanteilen sein sollte, hätte die Ehefrau 25.000 Euro Vermögen in Form eines Eigentumsanteils. Da sie selbst nicht drin wohnt, fällt es nicht unter die Sonderregelungen für selbstbewohntes Eigentum. Da der Betrag voraussichtlich deutlich höher als die allgemeinen Freibeträge sind, wird sie ggf. die Leistungen ohnehin nur als Darlehen bekommen und mit Verwertung der Immobilie zurückzahlen müssen. In solchen Fällen ist es rechtlich umstritten, ob der oben genannte Unterhaltsanspruch tatsächlich übergeht (Tendenz nein), aber dafür kann es durchaus passieren, dass sich das Jobcenter seinen Rückzahlungsanspruch aus dem Darlehen dinglich sichern lässt (hängt vom Einzelfall ab).

In dem Fall kann bei längerem Leistungsbezug - auch darlehenshalber - tatsächlich einmal eine Aufforderung zur eigenen Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs durch die Ehefrau für sich und die Kinder bzw. eine Verweisung an das Jugendamt hinsichtlich des Kindesunterhalts stattfinden.

Das Vorhaben einer einjährigen rein ehrenamtlichen Tätigkeit (von den 3990 Euro Aufwandsentschädigung nach dem ersten Jahr einmal abgesehen) wäre bei Bezug von Arbeitslosengeld II ebenso problematisch. Ehrenamt (besonders ohne entsprechende Aufwandsentschädigugn) ist keine Tätigkeit, die an sich zur zeitnahen Beendigung der Hilfebedürftigkeit geeignet ist. Damit könnte die Ehefrau im Beispiel grundsätzlich vom Jobcenter aufgefordert werden, sich in diesem Jahr andere Tätigkeiten mit entsprechenden Einkünften zu suchen.
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Re: Hart IV in Trennung?

Beitrag von segelmann05 »

Würde das bedeuten, dass die gemeinsame Übereinkunft zum Unterhalt hinfällig wäre, würde sich das Hartz IV Amt einschalten und eigene Berechnungen anstellen? Die Berechnungsgrundlage variiert. Ein Amt würde vermutlich die letzten drei Jahre Einkommen als Basis nehmen. Der Ehemann und die Ehefrau rechnen dagegen von Monat zu Monat mit aktuellen Zahlen. Manchmal zahlt der Mann über den Selbstbedarf hinaus noch etwas, manchmal etwas weniger, weil er noch kleinere Arbeiten am gemeinsamen Haus macht. Diese Gstaltung von Trennung und Unterhalt ginge dann nicht mehr?

Aufgrund der Eigentumshälfte am Haus würde das Hartz IV Amt (sorry, Agenter / Center, what ever) eher in die Richtung gehen, der Ehefrau finanziell zu helfen, aber unter der Bedingung, später die Haushälfte zu veräußern und die geleistete finanzielle Hilfe zurückzugeben, ja?

Es besteht die Idee, dass der Ehemann die Haushälfte übernimmt. Er kann sich nur nicht die Auszahlsumme auf einmal leisten. Ob und inwieweit er einen Bankkredit erhalten würde, kann noch keiner sagen,w eil noch keine Infos eingeholt. Er hätte ja das Haus als Sicherheit für die Bank. Ansonsten wäre eine Ratenzahlung über viele Jahre denkbar. Wie würde ein Hartz IV Amt in solch einem Fall herangehen?
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Re: Hart IV in Trennung?

Beitrag von questionable content »

Die zivilrechtlichen Unterhaltsansprüche gehen bis zur Höhe des gezahlten "Hartz IV" auf den Staat über.

Das Amt ermittelt den Unterhalt genau nach den Maßstäben, die die Familiengerichte verwenden.

Rein private Vereinbarungen, die den gesetzlichen Unterhaltsanspruch unterschreiten, haben in solchen Situationen keine rechtliche Bedeutung. Je nach den Umständen und der Organisationsstruktur werden die Ansprüche entweder vom Jobcenter oder dem Jugendamt geltend gemacht und bei Nichtzahlung auch durchgesetzt. Das ist bei Säumigkeit üblicherweise deutlich unbequemer als beim Privatstreit unter Eheleuten. Die Behörden haben keinerlei Vorfinanzierungsprobleme und vollstrecken bei Säumigkeit ohne großes Hin - und Her.

Es ist in solchen Fällen vor dem Gang zum Jobcenter üblicherweise für beide Seiten von Interesse, dass ein ordnungsgemäßer gesetzlicher Unterhalt ermittelt und zuverlässig jeden Monat in der vollen Höhe ausgezahlt wird. Genauso sieht es mit der Klärung der Vermögenslage der beiden Parteien aus.

Wenn eine Immobilie mit einem unbelasteten Wert (oder Wertanteil) von 50.000 Euro vorhanden ist, kann man ganz realistisch betrachtet innerhalb von wenigen Wochen ein Darlehen von 25.000 Euro von einer Bank bekommen. Alle sonstigen Erwägungen, die für ein längerfristiges Hin und Her sprechen, betreffen nur noch die Frage, ob man nun ein paar Euro mehr oder weniger an Kosten für die ganze Sache hinblättert oder vermeiden will.
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