Kann man sich durch Schuldenmachen vor Unterhalt drücken?

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klausschlesinger
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Kann man sich durch Schuldenmachen vor Unterhalt drücken?

Beitrag von klausschlesinger »

Vater = V, Mutter = M und volljähriger Sohn = S

V und M sind geschieden. M ist neu mit einem anderen Mann verheiratet und lebt von
Sozialhilfe. V ist M nicht zum Unterhalt verpflichtet.

V geht einer geregelten Arbeit nach und hat sein Auskommen.

S ist 29 Jahre alt und krankheitsbedingt nicht arbeitsfähig. S bekommt vom Sozialamt Hilfe zum Lebensunterhalt und eine Wohnung gestellt.

V unterstützt S hin und wieder freiwillig durch kleine Geldgeschenke und Lebensmitteleinkäufe.

Doch nun meldet sich bei V das Sozialamt und fordert V auf, Auskünfte über seine Einkünfte und sein Vermögen zu geben, um ggf. die an S geleisteten Leistungen an ihn durchzureichen, da Angehörige gegenseitig zum Unterrhalt verpflichtet sind.
Anmerkung hierzu: Das Schreiben kommt vom Sozialamt (nicht: Wohngeldstelle!)
Es geht um Unterhaltszahlungen, die der S beim Sozialamt geltend gemacht hat und die das Sozialamt dem S jetzt bis zur Höhe des Sozialhilfesatzes in Vorleistung gewährt. Das Sozialamt möchte dies von V zurückholen.

Nun fragt sich V:
-Inwieweit kann das Sozialamt auf sein angespartes Vermögen (Sparbücher, Lebensversicherung) zugreifen?
-Wenn V sich Anschaffungen auf Kredit kauft (bspw.: Auto, neue Waschmaschine, Mobiliar, Einrichtungsgegenstände usw.) und damit 'künstlich' eigene Schulden produziert, obwohl er es finanziell nicht nötig hat, sind dann die monatlichen Kreditraten von seinem Einkommen abzuziehen?
-Was kann V überhaupt alles von seinem monatlichen Einkommen, welches nur aus Arbeitslohn besteht, abziehen (bspw. Miete für eigene Wohnung, Versicherungen, Einkommensteuer usw.)?

Bitte nicht eigene Meinungen als Anworten aufschreiben, sondern zitierfähige Kommentare, Gesetzestexte oder dergleichen. V bedankt sich schon jetzt im
Voraus für solche qualifizierten Antworten.
Ich mache zwei Kampfsportarten: Ju-Jutsu und Jura. - Jura ist die schwierigere!
'Es sei nicht immer zu verlangen, „dass der Inhalt gesetzlicher Vorschriften dem Bürger grundsätzlich ohne Zuhilfenahme juristischer Fachkunde erkennbar sein muss“.' (BVerfG)
windalf
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Re: Kann man sich durch Schuldenmachen vor Unterhalt drücken

Beitrag von windalf »

V kann man wohl nur raten möglichst einen Anwalt hinzuzuziehen, der versucht die Nummer beim Amt abzumoderieren...
...fleißig wie zwei Weißbrote
0x2B | ~0x2B
Zitat Karsten: Das beweist vor Allem, dass es windalf auch nicht gibt.
Baden-57
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Re: Kann man sich durch Schuldenmachen vor Unterhalt drücken

Beitrag von Baden-57 »

Auf die Idee, seine Unterhaltsverpflichtungen durch neu gemachte Verbindlichkeiten umgehen zu wollen, sind schon andere Schuldner gekommen, viele von denen aber orderntlich auf's Näschen gefallen, weil Herr Staatsanwalt dann eine fortgesetzte Unterhaltspflichtverleztung angeklagt und Herr Vorsitzender dann ein ordentliches Urteil verkündet hat :shock:

Unterhaltsverpflichtungen sind Verbindlichkeiten und wenn der Schulner nunmehr Zahlungsverpflcihtungen eingeht, muß er dennoch die Unterhaltsschulden bezahlen, denn diese Schuld entstand vor neuen Verpflichtungen.

Die ZPO bietet hier zudem die Möglichkeit, dass ein Schuldner, der wegen anderer Verbindlichkeiten bereits Pfändungen beim Arbeitgeber vorliegen hat, dennoch zusätzlich gepfändet werden kann, in dem vom bereits gepfändeten Lohn nunmehr für die Unterhaltsschuld bis auf das Existenzminimum gepfändet werden kann. Keine durchdachten Möglichkeiten :lachen:

Lt. Pfändungstabelle ZPO ist da nichts am abziehen von Mietzahlungen, Versicherungen, Steuern, die Pfändung richtet sich ausschließlich nach dem Nettoeinkommen.

§ 170 StGB Verletzung der Unterhaltspflicht

(1) Wer sich einer gesetzlichen Unterhaltspflicht entzieht, so daß der Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten gefährdet ist oder ohne die Hilfe anderer gefährdet wäre, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Evariste
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Re: Kann man sich durch Schuldenmachen vor Unterhalt drücken

Beitrag von Evariste »

Baden-57 hat geschrieben:Auf die Idee, seine Unterhaltsverpflichtungen durch neu gemachte Verbindlichkeiten umgehen zu wollen, sind schon andere Schuldner gekommen, viele von denen aber orderntlich auf's Näschen gefallen, weil Herr Staatsanwalt dann eine fortgesetzte Unterhaltspflichtverleztung angeklagt und Herr Vorsitzender dann ein ordentliches Urteil verkündet hat :shock:

Unterhaltsverpflichtungen sind Verbindlichkeiten und wenn der Schulner nunmehr Zahlungsverpflcihtungen eingeht, muß er dennoch die Unterhaltsschulden bezahlen, denn diese Schuld entstand vor neuen Verpflichtungen.

Die ZPO bietet hier zudem die Möglichkeit, dass ein Schuldner, der wegen anderer Verbindlichkeiten bereits Pfändungen beim Arbeitgeber vorliegen hat, dennoch zusätzlich gepfändet werden kann, in dem vom bereits gepfändeten Lohn nunmehr für die Unterhaltsschuld bis auf das Existenzminimum gepfändet werden kann. Keine durchdachten Möglichkeiten :lachen:

Lt. Pfändungstabelle ZPO ist da nichts am abziehen von Mietzahlungen, Versicherungen, Steuern, die Pfändung richtet sich ausschließlich nach dem Nettoeinkommen.

§ 170 StGB Verletzung der Unterhaltspflicht

(1) Wer sich einer gesetzlichen Unterhaltspflicht entzieht, so daß der Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten gefährdet ist oder ohne die Hilfe anderer gefährdet wäre, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Soweit sind wir doch noch gar nicht. Erst einmal muss die Höhe des Unterhalts festgesetzt werden, und wenn der dann nicht gezahlt wird, dann kommt eventuell der Gerichtsvollzieher oder der Staatsanwalt ins Spiel.

Kreditraten vermindern in der Regel das Einkommen des Unterhaltspflichtigen nicht, es gibt aber Ausnahmen. Z. B. werden beim Ehegattenunterhalt Verpflichtungen angerechnet, die ein Partner vor der Trennung für die gemeinsame Lebensführung eingegangen ist. Ebenso werden Kreditraten angerechnet, wenn mit dem Kredit Gegenstände angeschafft wurden, die für die Berufsausübung notwendig sind, das fällt dann unter "berufsbedingte Aufwendungen". Irgendwelche Konsumkredite sind allerdings nicht anrechenbar.
klausschlesinger hat geschrieben: Bitte nicht eigene Meinungen als Anworten aufschreiben, sondern zitierfähige Kommentare, Gesetzestexte oder dergleichen.
Mache ich sehr gerne für ein Stundenhonorar von 150 Euro. 8)
Hertha1892
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Re: Kann man sich durch Schuldenmachen vor Unterhalt drücken

Beitrag von Hertha1892 »

Evariste hat geschrieben: Soweit sind wir doch noch gar nicht. Erst einmal muss die Höhe des Unterhalts festgesetzt werden, und wenn der dann nicht gezahlt wird, dann kommt eventuell der Gerichtsvollzieher oder der Staatsanwalt ins Spiel.

Soweit ja auch noch nicht. Erst mal müsste dem Grunde nach überhaupt noch eine Unterhaltspflicht festgestellt werden. Dass der Sohn krank und deshalb nicht arbeitsfähig ist, löst ja nicht sofort eine Unterhaltspflicht aus. Und erst wenn die fest steht, macht man sich ja über die Höhe Gedanken, wenn eine Leistungsfähigkeit gegeben sein sollte.

Grüße Hertha1892
TomK
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Re: Kann man sich durch Schuldenmachen vor Unterhalt drücken

Beitrag von TomK »

Schulden können beim Unterhalt grundsätzlich nur dann berücksichtigt werden, wenn
- sie noch aus der Ehezeit stammen, im Rahmen der Schlüsselgewalt oder ausdrücklich im Einvernehmen mit dem anderen Ehegatten gemacht wurden;
- sie bereits vor der Ehe bestanden haben;
- sie trennungsbedingt notwenig sind; Beispiel: Mutter mit Kind wird Waschmaschine, Einrichtung etc überlassen; Ehemann kauft sich eine neue
angemessene neue Einrichtung.

Schulden nach der Trennung oder der Scheidung sind regelmäßig nicht abziehbar.

Im Übrigen gibt es noch die strafbare Entzieung von der Unterhaltspflicht.

Diverse staatliche Stellen http://www.oeffentlichen-dienst.de juristische Ratgeber https://onlinescheidung-rechtsanwalt.com und die Düsseldorfer Tabelle https://www.scheidung.org/duesseldorfer-tabelle/ und viele mehr geben weitere Auskünfte, was man als Unterhaltsverpflichteter darf und was nicht.
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