Wohngemeinschaft gem. § 42a SGB XII ab 01.07.2017

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bradem
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Wohngemeinschaft gem. § 42a SGB XII ab 01.07.2017

Beitrag von bradem »

Ich grüße Euch!

Stellen wir uns einmal vor, Person (A) wohnt mit dem Eigentümer eines Hauses (B) in einer Wohngemeinschaft.
A muss bislang monatlich nur die anteiligen tatsächlichen Kosten an B zahlen, also z.B. die Hälfte der Grundsteuer,
die Hälfte der Gebäudeversicherung, die Hälfte eventueller Tilgungszinsen, die Hälfte der Heizkosten usw.
Nach dem 01.07.2017 wird A hilfebedürftig im Sinne des SGB XII und liest sich den ab dann geltenden § 42a Abs. 4
SGB XII durch.
A liest versteht die Norm so, dass die bislang von ihm zu tragenden Kosten bis zur Höhe der für eine Person angemessenen
Kosten als Bedarf anzuerkennen sind.
A liest aber weiter und sieht, dass dies nicht gilt, wenn ein Mietvertrag zwischen A und B besteht.
Spricht ein Gesetz / eine Verordnung / Rechtsprechung dagegen, dass A und B nach dem oder zum 01.07.2017 einen
Mietvertrag abschließen, welcher außer den anteiligen laufenden Kosten (Betriebskostenabschlag) nun natürlich
zusätzlich einen Mietzins enthält, welcher dann auch zusätzlich vom Sozialamt anerkannt werden müsste?
matthias.
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Re: Wohngemeinschaft gem. § 42a SGB XII ab 01.07.2017

Beitrag von matthias. »

Wieso sollte der Staat Kosten bezahlen, die gar nicht entstehen?
winterspaziergang

Re: Wohngemeinschaft gem. § 42a SGB XII ab 01.07.2017

Beitrag von winterspaziergang »

bradem hat geschrieben: Spricht ein Gesetz / eine Verordnung / Rechtsprechung dagegen, dass A und B nach dem oder zum 01.07.2017 einen
Mietvertrag abschließen, welcher außer den anteiligen laufenden Kosten (Betriebskostenabschlag) nun natürlich
zusätzlich einen Mietzins enthält, welcher dann auch zusätzlich vom Sozialamt anerkannt werden müsste?
nein, das Gesetz dürfte nur vorsehen, dass ein Mietvertrag, der bislang nur die Beteiligung an den Nebenkosten beinhaltete, nicht zum einem Mietvertrag mit Mietzins und Nebenkosten ab Datum der Hilfebedürftigkeit = wenn die Allgemeinheit zahlt, umgeschrieben wird
bradem
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Re: Wohngemeinschaft gem. § 42a SGB XII ab 01.07.2017

Beitrag von bradem »

@winterspaziergang:
Ich denke auch, dass das Gesetz das nur so vorsehen dürfte. Aber (wo genau) tut es das?
Und was ist, wenn es bislang gar keinen Mietvertrag gab, sondern B den A aus lauter
Nächstenliebe so günstig hat wohnen lassen.
Und B fällt jetzt ein, dass er sich das so nicht mehr leisten kann und A nur noch mit
"richtigem" Mietvertrag samt Mietzins bei sich wohnen lassen will, egal ob dieser
hilfebedürftig ist oder nicht?
winterspaziergang

Re: Wohngemeinschaft gem. § 42a SGB XII ab 01.07.2017

Beitrag von winterspaziergang »

bradem hat geschrieben: Ich denke auch, dass das Gesetz das nur so vorsehen dürfte. Aber (wo genau) tut es das?
Und was ist, wenn es bislang gar keinen Mietvertrag gab, sondern B den A aus lauter
Nächstenliebe so günstig hat wohnen lassen.
Und B fällt jetzt ein, dass er sich das so nicht mehr leisten kann und A nur noch mit
"richtigem" Mietvertrag samt Mietzins bei sich wohnen lassen will, egal ob dieser
hilfebedürftig ist oder nicht?
B und A müssten plausibel darlegen, wieso die Nächstenliebe pünktlich zu Beginn der Hilfebedürftigkeit und damit möglichem Bezug staatlicher Leistungen aussetzt.

Zudem würde wohl die Frage lauten, in welchem Verhältnis die beiden WG-Partner bislang standen, dass der eine WG-Partner den anderen ohne Miete bzw. gegen Nebenkostenbeteiligung in seinem Eigentum wohnen lässt.
Üblich ist das in einer WG nicht.
windalf
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Re: Wohngemeinschaft gem. § 42a SGB XII ab 01.07.2017

Beitrag von windalf »

B und A müssten plausibel darlegen, wieso die Nächstenliebe pünktlich zu Beginn der Hilfebedürftigkeit und damit möglichem Bezug staatlicher Leistungen aussetzt.
Warum sollte B das begründen müssen? B macht einen Vertrag mit A. A hat das Problem. B kann das egal sein...
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Zitat Karsten: Das beweist vor Allem, dass es windalf auch nicht gibt.
winterspaziergang

Re: Wohngemeinschaft gem. § 42a SGB XII ab 01.07.2017

Beitrag von winterspaziergang »

B und A müssten plausibel darlegen, wieso die Nächstenliebe pünktlich zu Beginn der Hilfebedürftigkeit und damit möglichem Bezug staatlicher Leistungen aussetzt.
Warum sollte B das begründen müssen? B macht einen Vertrag mit A. A hat das Problem. B kann das egal sein...
richtig. Wenn man davon ausgeht, dass A und B nur Mitbewohner sind, kann es dem Mitbewohner und Eigentümer B egal sein.
windalf
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Re: Wohngemeinschaft gem. § 42a SGB XII ab 01.07.2017

Beitrag von windalf »

winterspaziergang hat geschrieben:
B und A müssten plausibel darlegen, wieso die Nächstenliebe pünktlich zu Beginn der Hilfebedürftigkeit und damit möglichem Bezug staatlicher Leistungen aussetzt.
Warum sollte B das begründen müssen? B macht einen Vertrag mit A. A hat das Problem. B kann das egal sein...
richtig. Wenn man davon ausgeht, dass A und B nur Mitbewohner sind, kann es dem Mitbewohner und Eigentümer B egal sein.
Und auch wenn die irgendwas anderes sind muss B gar nichts plausibel darlegen. Er/Sie ist bestenfalls zu ein paar Auskünften verpflichtet. Da endet dann aber auch seine Pflicht gegenüber dem Amt...
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Zitat Karsten: Das beweist vor Allem, dass es windalf auch nicht gibt.
winterspaziergang

Re: Wohngemeinschaft gem. § 42a SGB XII ab 01.07.2017

Beitrag von winterspaziergang »

Und auch wenn die irgendwas anderes sind muss B gar nichts plausibel darlegen. Er/Sie ist bestenfalls zu ein paar Auskünften verpflichtet. Da endet dann aber auch seine Pflicht gegenüber dem Amt...
ja doch. Das betrifft das Innenverhältnis A und B.

Da eingangs geschrieben wurde
Spricht ein Gesetz / eine Verordnung / Rechtsprechung dagegen, dass A und B nach dem oder zum 01.07.2017 einen
Mietvertrag abschließen, welcher außer den anteiligen laufenden Kosten (Betriebskostenabschlag) nun natürlich
zusätzlich einen Mietzins enthält, welcher dann auch zusätzlich vom Sozialamt anerkannt werden müsste?
kann man aber allgemein darauf hinweisen, dass man (A) es schwer haben könnte vor dem Amt zu widerlegen, von B unterstützt zu werden und keine VuE zu sein, wenn B als Eigentümer den zuvor nicht mittellosen A aus besagter Nächstenliebe mittels mietfreiem Wohnen unterstützt hat und nunmehr plötzlich und zufällig zu Beginn einer Hilfebedürftigkeit seinem als WG-Partner erkanntes Gegenüber die Nächstenliebe verweigert und Miete fordert.
windalf
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Re: Wohngemeinschaft gem. § 42a SGB XII ab 01.07.2017

Beitrag von windalf »

kann man aber allgemein darauf hinweisen, dass man (A) es schwer haben könnte vor dem Amt zu widerlegen,
Die Begründung ist doch ganz einfach. Warum leckt der Hund sich die Eier... Weil er es kann. Warum nimmt der Eigentümer aufeinmal Miete. Weil er es kann...
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Zitat Karsten: Das beweist vor Allem, dass es windalf auch nicht gibt.
winterspaziergang

Re: Wohngemeinschaft gem. § 42a SGB XII ab 01.07.2017

Beitrag von winterspaziergang »

kann man aber allgemein darauf hinweisen, dass man (A) es schwer haben könnte vor dem Amt zu widerlegen,
Die Begründung ist doch ganz einfach. Warum leckt der Hund sich die Eier... Weil er es kann. Warum nimmt der Eigentümer aufeinmal Miete. Weil er es kann...
stimmt- und bestimmt gibt es auch Menschen, die sich die Hose mit der Kneifzange anziehen :lachen:

:liegestuhl:
bradem
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Re: Wohngemeinschaft gem. § 42a SGB XII ab 01.07.2017

Beitrag von bradem »

Ich habe immer noch nicht so richtig verstanden, ob und warum das Amt die
Anerkennung des Mietzinses verweigern kann.
Reicht ein "Das war bislang nicht notwendig, und dass es jetzt notwendig wird,
glaube ich Ihnen nicht!"?
SusanneBerlin
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Re: Wohngemeinschaft gem. § 42a SGB XII ab 01.07.2017

Beitrag von SusanneBerlin »

Ich habe immer noch nicht so richtig verstanden, ob und warum das Amt die
Anerkennung des Mietzinses verweigern kann.
Reicht ein "Das war bislang nicht notwendig, und dass es jetzt notwendig wird,
glaube ich Ihnen nicht!"?
Naja wie bei einem Umzug, bei dem die Miete der neuen Wohnung höher ist als die Miete der alten Wohnung, muss der Leistungsempfänger nachweisen, dass der Umzug notwendig ist. Ansonsten erkennt das Amt die Miete nur in der bisherigen Höhe an.

Hier hat A einen Leih- oder Mietvertrag mit einer Kaltmiete von 0 €, bezahlt werden mussten nur die Neben- und Heizkosten. Bevor A den neuen Vertrag unterschreibt, ist also dem Amt darzulegen, warum der neue Mietvertrag notwendig ist und es nicht wie bisher weitergehen kann. So ein Nachweis wäre die Kündigung des Wohnungsgebers des Mietvertrags bzw. der Leihe verbunden mit dem neuen Angebot, die Unterkunft in Zukunft zu dem Mietpreis X zu mieten.

Gibt es keine Kündigung und unterschreibt A freiwillig und ohne Not den neuen Mietvertrag, dann ist der Nachweis nicht erbracht, dass die Mietkosten in dieser Höhe notwendig wären.
Grüße, Susanne
FM
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Re: Wohngemeinschaft gem. § 42a SGB XII ab 01.07.2017

Beitrag von FM »

bradem hat geschrieben:Ich habe immer noch nicht so richtig verstanden, ob und warum das Amt die
Anerkennung des Mietzinses verweigern kann.
Reicht ein "Das war bislang nicht notwendig, und dass es jetzt notwendig wird,
glaube ich Ihnen nicht!"?
Das Amt wird den Vertrag als Scheingeschäft betrachten. Siehe: https://dejure.org/gesetze/BGB/117.html
Es ist aber mit noch weiteren Überprüfungen zu rechnen, z.B. ob eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegt oder ob der Bedarf des "Mieters" durch Zuwendungen des Hauseigentümers bereits gedeckt ist, siehe https://dejure.org/gesetze/SGB_XII/39.html
lottchen
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Re: Wohngemeinschaft gem. § 42a SGB XII ab 01.07.2017

Beitrag von lottchen »

Den Mietvertrag schließt man gewöhnlich ab solange noch keine Hilfsbedürftigkeit besteht. Also Vertrag abschließen (am Besten gleich zu Konditionen, die von der eigenen Stadt / Gemeinde als angemessen betrachtet werden, dann gibt es den wenigsten Ärger und solche Positionen wie "anteilige Tilgungszinsen" u.ä. sollte man gleich vergessen, das sind keine auf einen Mieter umlegbaren Kosten) und eben danach (und damit meine ich nicht 2 Tage später - ein bißchen Zeit muss da schon ins Land gehen) erst seine Anträge bei den Ämtern stellen.
Wenn Mieter und Eigentümer ein Paar sind, die zusätzlich noch ein paar Euro vom Staat einstreichen wollen, könnte es aber so oder so problematisch werden. Ganz doof sind die Behörden nun auch nicht.
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