Anwalt verfasst Schreiben ans Amtsgericht ohne Mitteilung

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Name4711
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Re: Anwalt verfasst Schreiben ans Amtsgericht ohne Mitteilun

Beitrag von Name4711 »

@Nordlicht14

Ich bin zwar nicht vom Fach aber habe gerade viel übr das Bereicherungsrecht gelesen weil ich das als besonders schwierig empfinde.
Was die Entreicherung angeht galubne ich, dass sie da falsch liegen - gerade was die neuere Rechtsprechung anzugehen scheint.
Der Berecherungsanspruch erstreckt sich hier auf das (ggf. rechtsgrundlos) Erlangte. Das mit dem ausgegebenen Geld ist meiner Meinung nach ein klassischer Trugschluss (auch mal abgesehen das Entreicherung etwas komplexer ist):

Erlangt hat er die Arbeitsleistung (zur Wiederherstellung des Wohnraums) diese geht aber nach neuerer Rechtsprechung direkt in das Vermögen des Bereicherten über und entspricht dabei dem Erlangten und eben nicht mehr dessen Wertersatz.

Zur Frage der Sittenwidrigkeit - ich kann das gerade nicht nachschlagen -dabei muss man aber auch vom bösgläubigen Vermieter ausgehen was (ich erinnere gerade nur dunkel 819,820 ?) Auswirkungen auf die vorverlegte Fälligkeit hat und ohnehin der Einrede der Entreicherung entgegensteht (Egal ob Mietzahlung oder Arbeit)!

Auch generell sehe ich so nicht das der Betrug an der ARGE hier das Geschäft zwischen Mieter und Vermieter auf der anderen seite sittenwidrig macht - Ich renoviere dafür hab ich frei wohnen steht ja gewissermaßen "neben" der Mietgeschichte (so genau kenne ich die Vereibarung nicht).
Müsste die berühmte sog. Luxusausgabe sein, die man ohne den zugewendeten Betrag nicht ausgeben hätte,
Also so funktioniert das mit der "Luxusausgabe" meines wissens hier auch nicht -die Renovierung wäre ggf. zeitlich aufgeschoben oder durch einen Kredit finanziert worden: Aber mit Sicherheit wäre die Bude nicht vermüllt geblieben :idea: die Behauptung des mieters ist da recht blauäugig und nicht ausschlaggebend.

Der BGH hatte ja übrigens auch lange Zeit bei "normaler" Schwartzarbeit die Bereicherung stehen lassen und erst spät anders geurteilt:

Schaut man sich den Fall aber an war das Vorsatz 1.Grades und die Schwarzarbeit als solche bewusst vereinbart...
Ich wäre da zumindest nicht sicher..

Soweit mal als Skizze zur Nacht...

PS.: 817..
War der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt, dass der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen hat, so ist der Empfänger zur Herausgabe verpflichtet. Die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt, es sei denn, dass die Leistung in der Eingehung einer Verbindlichkeit bestand; das zur Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden.
Satz 1 mit Sicherheit, was ggf. die Miete und die Arge angeht...

Was die strafrechtliche Rolle des Vermieters angeht hab ich Bauchweh mit der "Beihilfe" - sieht mir eher aus als ob er da einen "Dummen gefunden" hätte - ist das dann Anstiftung oder mittelbare Täterschaft, wenn der "Täter" es selbst gar nicht merkt (also mehr als Werkzeug unterwegs ist)?
locarno

Re: Anwalt verfasst Schreiben ans Amtsgericht ohne Mitteilun

Beitrag von locarno »

@Nordlicht @Name4711

Zunächst mal finde ich es ja schön, dass hier endlich mal diskutiert wird, so dass alle, die es möchten, auch etwas davon haben.

Ich möchte etwas zu dem Thema beitragen. Vielleicht wird das ja noch spezieller, je nachdem wie es hier weitergeht.

Sozialbetrug definiere ich anhand der Regelungen des SGB, die ja rechtlich "dicht" am Geschehen sind.
Außerdem sollte man betonen, dass es sich hier um Kosten der Unterkunft handelt!

Eine zu unrecht erhaltene Leistung von der ARGE kann ja nur eine Überzahlung, aus welchem Grund auch immer, sein. Da die ARGE Leistungen im
Rahmen von Verwaltungsakten zuteilt, handelt es sich dann zwangsläufig um einen rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsakt.
Interessanterweise ist die Rückfoderung solcher Leistungen durch die ARGE scheinbar oft rechtswidrig (!), weil es da eine Konkurrenz gibt zwischen dem § 32 SGB X
und dem § 45 SGB X. Da ist tatsächlich davon die Rede, dass man (sinngemäß) Geld, das man verbraucht hat, nicht zurückzahlen muss!

"[...] Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann.[...]"

Es ja kaum anzunehmen, dass der Bezieher die Leistung angespart hat; m.E. müsste er ja nur dann zurückzahlen.

Gefährlich wird es aber etwas tiefer in der selben Rechtsnorm:

"[...] Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.[...]"

Es scheint, hier ist verschwiegenes "Vermögen" gemeint. Oder anders ausgedrückt: Hat der Bezieher durch ssein Verhalten die Überzahlung verursacht, so muss er zurückzahlen, sonst nicht. Dies bezieht sich aber nicht auf die Qualität einer Wohnung, so wie hier.

Unter diesem Gesichtspunkten halte ich Sozialbetrug hier für ausgeschlossen.

Wie liefe eine Rückfoderung ab, wenn es die Vorraussetzungen hergäben? (Ist hier m.E. nicht der Fall)

1) Der rechtswidrige begünstigende Bescheid müsste dazu zweifelsohne aufgehoben werden, vgl. § 45 Abs. 4 SGB X.
Das bedingt, dass der Betroffene die berühmten vier Wochen bekommt, d.h. er muss angehört werden, § 24 Abs. 1 SGB X

2) Es folgt ein Rückforderungsbescheid, vgl. §50 SGB X. Hier muss der Betrag beziffert werden;

ACHTUNG: Kosten der Unterkunft dürfen nur bis 44 % zurückgefordert werden, vgl. $ 40 SGB II, bzw. § 105 SGB XII


Es sieht für mich es so aus, als ob der evtl. Anspruch auf Erstattung gegen den Vermieter nichts mit dem Leistungsbezug von der ARGE zu tun hat, das SGB gibt das m.M. nicht her.
Daher halte ich es für ganz und gar nicht falsch, den Mietvertrag mit Kündigung anzugreifen, bzw. für von Anfang an, also vor Mietbeginn, für gekündigt zu erklären. Den Rest der Darstellung von Klobiger80 (was für ein schöner Nick!) bzgl. der Rückforderung usw. halte ich nicht für realistisch. Aus den Aussagen des Fragestellers ist auch sinngemä etwas von Aufrechnung von Ansprüchen gegen den Bezieher der Leistung zu lesen, das ist aber nach SGB I nicht zulässig.

Ich glaube, dass der Fragesteller gewisse Vorstellungen hat, von der er nicht so gerne abrücken möchte, auch wenn es ihm schadet.
Zuletzt geändert von locarno am 17.11.16, 13:04, insgesamt 7-mal geändert.
BäckerHD
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Re: Anwalt verfasst Schreiben ans Amtsgericht ohne Mitteilun

Beitrag von BäckerHD »

locarno hat geschrieben:Zunächst mal finde ich es ja schön, dass hier endlich mal diskutiert wird, so dass alle, die es möchten auch etwas davon haben.
Ja, nur der Fragesteller ist nicht mehr hier, nachdem der Begriff Betrug erwähnt wurde. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
locarno

Re: Anwalt verfasst Schreiben ans Amtsgericht ohne Mitteilun

Beitrag von locarno »

BäckerHD hat geschrieben:
locarno hat geschrieben:Zunächst mal finde ich es ja schön, dass hier endlich mal diskutiert wird, so dass alle, die es möchten auch etwas davon haben.
Ja, nur der Fragesteller ist nicht mehr hier, nachdem der Begriff Betrug erwähnt wurde. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Nun ja, es ist doch aber in Foren normal, dass der Fragesteller meist kein echtes Interesse an einer Diskussion zeigt, sondern lediglich seine Vorstellung zum Sachverhalt bestätigt bekommen möchte. Die erste Rückfrage führt meist zum Rückzug. Deshalb schrieb ich ja "[..] für alle, die es möchten[...]"

Ich finde es ja interessant: Der Fragesteller möchte etwas gegen seinen Anwalt unternehmen, da der Anwalt seiner Ansicht nach Parteiverrat begangen hat. Wir diskutieren hier aber
über etwas völlig anderes, da der Anwalt aus Sicht eines Dritten ja gerade nicht unrecht gehandelt hat.

Wäre der Fragesteller noch hier, so käme er evtl. auf die Idee, dass es nicht unbedingt Betrug sein muss, wir entwickeln hier ja gerade etwas dazu. Aber es muss natürlich die Bereitschaft
zur Überdenkung des eigenen Standpunktes vorhanden sein...

Aber das klappt halt nur, wenn man sich im Griff hat: "[...] Hier wurde überhaupt kein Betrug begangen, das ist ja Blödsinn. Wie kann jemand hier herumtrötene und Verdächtigungen aussprechen, wenn man gar nichts verstanden hat? Dann doch den Mund halten![...]"

Ich frage mich doch, ob der Pöbler auch im Vier-Augen-Gespräch so mutig wäre. Immerhin nimmt er sich so selbst die Möglichkeit eine Lösung zu finden.
Zuletzt geändert von locarno am 17.11.16, 12:55, insgesamt 4-mal geändert.
BäckerHD
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Re: Anwalt verfasst Schreiben ans Amtsgericht ohne Mitteilun

Beitrag von BäckerHD »

locarno hat geschrieben:Aber das klappt halt nur, wenn man ich im Griff hat: "[...] Hier wurde überhaupt kein Betrug begangen, das ist ja Blödsinn. Wie kann jemand hier herumtrötene und Verdächtigungen aussprechen, wenn man gar nichts verstanden hat? Dann doch den Mund halten![...]"

Ich frage mich doch, ob der Pöbler auch im Vier-Augen-Gespräch so mutig wäre.
Vielleicht ist der Spruch mit den Hunden bisher an ihm vorbeigegangen.
Name4711
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Re: Anwalt verfasst Schreiben ans Amtsgericht ohne Mitteilun

Beitrag von Name4711 »

@locarno

ich denke ja auch, dass es u.U. der Plan des Anwalts war die Angelegenheit eimal in Bezoiehung zur ARGE und dann in die Beziehung zum Vermieter zu zerlegen.

Allerdings bin ich mir nicht so sicher was die ganze Sozialbetrug-Nummer angeht (auch weil ich denke , dass da schnell geschossen wird)

Lässt man das mal aussen vor bin ich mir recht sicher, dass der Mieter Ansprüche an den Vermieter hat - gerade wenn der Mietvertrag nichtig war.

Eben weil er meinte eine Verpflichtung zu erfüllen.
locarno

Re: Anwalt verfasst Schreiben ans Amtsgericht ohne Mitteilun

Beitrag von locarno »

@Name4711

Mit der Bereicherung ist so eine Sache. Der Mieter hat wohl gedacht, es stünde ihm voller Ersatz zu.
Das dürfte fehl gehen:

"[...] 1. Das Berufungsgericht geht allerdings zu Recht davon aus, dass sich
der Umfang der durch die Investitionen eingetretenen Bereicherung danach
bemisst, in welchem Maß sich durch diese der objektive Ertragswert erhöht hat.
Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Danach
bemisst sich der Umfang der Bereicherung bei wertsteigernden Investitionen
des Mieters nicht nach den Kosten der getätigten Verwendungen oder der dadurch
geschaffenen objektiven Wertsteigerung des Bauwerks, sondern nach
den Vorteilen, die der Vermieter aus dem erhöhten objektiven Ertragswert der
Mietsache tatsächlich erzielen kann oder hätte erzielen können
(Senatsurteile
vom 5. Oktober 2005 - XII ZR 43/02 - WuM 2006, 169, vom 16. September
1998 - XII ZR 136/96 - NZM 1999, 19, 20 m.w.N.; BGH Urteile vom 10. Oktober
1984 - VIII ZR 152/83 - NJW 1985, 313, 315, vom 3. Februar 1959 - VIII ZR
91/58 - NJW 1959, 872, 874 = LM Nr. 8 zu § 818 Abs. 2 BGB).[...]"

Quelle: BGH v. 26.7.2006 – XII ZR 46/05

Das verstehe ich so, dass die Erstattungsansprüche sich auf die kumulierten Mietersparnisse der Mieters beschränken und nicht auf die
getätigten Investitionen durch den Mieter bestimmt werden. Also müsste man hier eine angenommene Mietdauer heranziehen und die Miete,
die tatsächlich verlangt wurde mit der ortsüblichen Miete vergleichen, evtl. ja auch mit der, der der "Messi" bezahlt hat. Die Differenz wäre
der Anspruch des Mieters.

Dem wollte der Anwalt mutmaßlich entgegenwirken, indem er den Mietvertrag für ungültig erklären lassen wollte. Damit hätte der Mietzins zurückgezahlt
werden müssen, was rechnerisch im Einzelfall wohl auch günstiger hätte sein können. Vielleicht kennt der Anwalt diese Rechtsprechung und hat deshalb so gehandelt.

Man kann hier also klar erkennen, dass nicht alles, was man privatschriftlich vereinbart auch als "Beweis" taugt. Ich beziehe mich dabei auf die "Vereinbarung" mit dem Vermieter,
die Kosten voll zurück zu zahlen.
Name4711
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Re: Anwalt verfasst Schreiben ans Amtsgericht ohne Mitteilun

Beitrag von Name4711 »

locarno hat geschrieben: Das verstehe ich so, dass die Erstattungsansprüche sich auf die kumulierten Mietersparnisse der Mieters beschränken und nicht auf die getätigten Investitionen durch den Mieter bestimmt werden.
Die zitierte Stelle entspricht genau dem, was ich gegen Noredlichts Entreicherungsargument eingewendet habe.(Abgesehen von den Mietersparnissen in der Interpretetion)
Die Herausgabe bezieht sich immer auf das "Erlangte" - was völlig unabhängig davon ist, welche Aufwendungen dafür notwendig geworden sind und eben erst recht nicht auf die Ersparnisse des Mieters.

Iregndwo anders steht in einem Kommentar, den ich natürlich nicht hier habe, dass es eben der Vorteil ist, den der Bereicherte gezogen hat oder hätte ziehen können.
Das ist natürlich ein Bewertungsproblem - aber ich denke der BGH grenzt hier nicht von ungefähr den Gebäudewert von dem Ertragswert ab.
...der dadurch geschaffenen objektiven Wertsteigerung des Bauwerks, sondern nach
den Vorteilen, die der Vermieter aus dem erhöhten objektiven Ertragswert der
Mietsache tatsächlich erzielen kann oder hätte erzielen können...
Das beschränkt sich ganz offensichtlich nicht auf die Mietdauer! Dieses "oder hätte ziehen können" verleitet zwar dazu, zu meinen es geht um eine zeitliche Begrenzung - das geht meiner meinung nach fehlt.
Das ist vielmehr der Ausdruck dafür, das es nicht umn den tasächlichen Nutzen geht (der ja auch vereitelt werden kann) sondern den möglichen. Ganz ähnlich habe ich das mehrmals gelesen und auch BGH Richter schreiben mal wörtlich ab :lachen:

Das wird deutlich, wenn man andere Beispiele aus der Literatur nimmt: Z.B ein erlangter Kundenstamm oder oder oder...

Meine unmaßgeblichen Meinung nach, ist mit Ertragswert genau das gemeint, was mit Ertragswert üblicherweise gemeint ist:

War die Bude zuvor vermüllt für 150€ (oder gar nicht!) zu vermieten und ist sie heute für 450€ zu vermieten, ergibt sich dadurch - nach den üblichen mthoden der Bewertung - ein Betrag X , der vom sachverständigen zu ermitteln ist.

Das kann eine böse Überraschung für den Vermieter werden, denn so werden die Gewinne (beabsichtigt) mit abgeschöpft!
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