Zahnarzt verschickt Erinnerungs-Postkarten
Moderator: FDR-Team
Zahnarzt verschickt Erinnerungs-Postkarten
Hallo,
gegeben sei folgender Fall:
Ein Zahnarzt (NRW) verschickt an seine Patienten standardisierte Postkarten, um sie an einen Termin zur Zahnreinigung zu "erinnern". Das wäre einerseits natürlich eine Werbung für seine Dienstleistung, andererseits ein Service für den Patienten.
Auf der Karte steht natürlich der vollständige Name und die Adresse des Patienten.
Verletzt der Arzt (bzw. die Mitarbeiter, die die Karten verschicken) die ärztliche Schweigepflicht im Hinblick auf § 203 StGB oder das BDSG?
Eine Postkarte kann jeder lesen: der, der die Post abholt, der sie sortiert und auch der, der sie zustellt. Oder der, der sie fälschlicherweise in seinem Briefkasten vorfindet.
Der Arzt tut doch damit kund, dass Person XY bei ihm Patient ist. Allein das ist nach meinem Wissen nicht rechtens und fällt unter die ärztliche Schweigepflicht. Weiterhin lässt sich doch durch die angeratene Zahnreinigung gleichzeitig auf ein vorhandenes Krankheitsbild schließen.
Wie ist die Rechtslage?
Vielen Dank
gegeben sei folgender Fall:
Ein Zahnarzt (NRW) verschickt an seine Patienten standardisierte Postkarten, um sie an einen Termin zur Zahnreinigung zu "erinnern". Das wäre einerseits natürlich eine Werbung für seine Dienstleistung, andererseits ein Service für den Patienten.
Auf der Karte steht natürlich der vollständige Name und die Adresse des Patienten.
Verletzt der Arzt (bzw. die Mitarbeiter, die die Karten verschicken) die ärztliche Schweigepflicht im Hinblick auf § 203 StGB oder das BDSG?
Eine Postkarte kann jeder lesen: der, der die Post abholt, der sie sortiert und auch der, der sie zustellt. Oder der, der sie fälschlicherweise in seinem Briefkasten vorfindet.
Der Arzt tut doch damit kund, dass Person XY bei ihm Patient ist. Allein das ist nach meinem Wissen nicht rechtens und fällt unter die ärztliche Schweigepflicht. Weiterhin lässt sich doch durch die angeratene Zahnreinigung gleichzeitig auf ein vorhandenes Krankheitsbild schließen.
Wie ist die Rechtslage?
Vielen Dank
Re: Zahnarzt verschickt Erinnerungs-Postkarten
Auf einer Rechnung, die von einem Arzt an den Patienten geschickt wird, kann auch jeder die Rechnungsadresse lesen - und kann somit Kenntnis vom Arzt-Patientenverhältnis bekommen. Darf der Arzt jetzt also keine Rechnungen mehr verschicken, weil eventuell jemand feststellen kann, dass der Adressat ein Patient von ihm ist?
Dass der Arzt an einen Zahnreinigungstermin erinnert, könnte grenzwertig sein, wenn sich dadurch tatsächlich auf ein Krankheitsbild schließen ließe. Das tut es in meinen Augen aber nicht, weil sich auch Personen mit vollkommen gesunden Zähnen eine Zahnreinigung gönnen - eben damit sie gesund bleiben. Hier sehe ich also ebenfalls keinerlei Verletzung irgendeines privaten Geheimnisses.
Dass der Arzt an einen Zahnreinigungstermin erinnert, könnte grenzwertig sein, wenn sich dadurch tatsächlich auf ein Krankheitsbild schließen ließe. Das tut es in meinen Augen aber nicht, weil sich auch Personen mit vollkommen gesunden Zähnen eine Zahnreinigung gönnen - eben damit sie gesund bleiben. Hier sehe ich also ebenfalls keinerlei Verletzung irgendeines privaten Geheimnisses.
Ich bin kein Jurist.
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Re: Zahnarzt verschickt Erinnerungs-Postkarten
Nein, er tut nur kund, dass er einen Besuch vorschlägt. Das ist kein "fremdes Geheimnis".
Re: Zahnarzt verschickt Erinnerungs-Postkarten
Danke für die Antworten. Sind diese nun "juristisch fundiert" oder von juristischen Laien formuliert?
Froggel, ich hatte von einer Postkarte geschrieben, nicht von einem Brief. Bei einem Brief besteht ja auch kein Problem: es ist hier nicht klar, ob der Arzt der Person als "Patient" oder aus anderweitigem Grund schreibt.
Auf der Postkarte ist jedoch klar erkennbar, dass es sich um ein Arzt-Patienten-Verhältnis handelt.
Der Zahnreinigungstermin an sich ist jedoch eine ärztliche Behandlung.
Wenn ein Psychiater seinen Patienten eine Postkarte mit Erinnerung an eine Gesprächstherapie verschickt, wird man wohl auch nicht sagen, dass dies in Ordnung wäre, da auch eine Gesprächstherapie durch gesunde Menschen wahrgenommen werden kann, eben damit sie nicht erkranken. Das Gesetz sieht bei der ärztlichen Schweigepflicht aber eben gerade keine Differenzierung nach "Schwere" der Erkrankung vor.
Ich bleibe dabei: durch die Postkarte gibt der Patient ein "Geheimnis" kund, nämlich das der Empfänger Patient ist. Dieses Wissen ist aber an sich bereits durch die ärztliche Schweigepflicht geschützt. Der Vergleich mit den Rechnungen hinkt, wie oben geschrieben, insofern, als dass es sich um eine Postkarte handelt und der Grund der Kontaktaufnahme bei einem Brief nicht direkt erkennbar ist. Beim Brief könnte es sich beispielsweise um eine anderweitige Forderung - z.B. Miete - handeln, bei der Postkarte nicht.
Ich freue mich auf weitere Kommentare.
Froggel, ich hatte von einer Postkarte geschrieben, nicht von einem Brief. Bei einem Brief besteht ja auch kein Problem: es ist hier nicht klar, ob der Arzt der Person als "Patient" oder aus anderweitigem Grund schreibt.
Auf der Postkarte ist jedoch klar erkennbar, dass es sich um ein Arzt-Patienten-Verhältnis handelt.
Der Zahnreinigungstermin an sich ist jedoch eine ärztliche Behandlung.
Wenn ein Psychiater seinen Patienten eine Postkarte mit Erinnerung an eine Gesprächstherapie verschickt, wird man wohl auch nicht sagen, dass dies in Ordnung wäre, da auch eine Gesprächstherapie durch gesunde Menschen wahrgenommen werden kann, eben damit sie nicht erkranken. Das Gesetz sieht bei der ärztlichen Schweigepflicht aber eben gerade keine Differenzierung nach "Schwere" der Erkrankung vor.
Ich bleibe dabei: durch die Postkarte gibt der Patient ein "Geheimnis" kund, nämlich das der Empfänger Patient ist. Dieses Wissen ist aber an sich bereits durch die ärztliche Schweigepflicht geschützt. Der Vergleich mit den Rechnungen hinkt, wie oben geschrieben, insofern, als dass es sich um eine Postkarte handelt und der Grund der Kontaktaufnahme bei einem Brief nicht direkt erkennbar ist. Beim Brief könnte es sich beispielsweise um eine anderweitige Forderung - z.B. Miete - handeln, bei der Postkarte nicht.
Ich freue mich auf weitere Kommentare.
Re: Zahnarzt verschickt Erinnerungs-Postkarten
Mir war schon bewusst, dass von einer Postkarte die Rede ist. Dennoch macht es keinen Unterschied, ob ein Arzt nun eine Postkarte oder einen Brief verschickt - in beiden Fällen stehen sowohl Absender als auch Adressat darauf, was einem Außenstehenden sichtbar werden lässt, dass der Adressat Patient der Praxis sein dürfte.
Eine Zahnreinigung ist im Übrigen keine ärztliche Behandlung. Diese darf auch eine Person durchführen, die darin unterwiesen worden ist. Eines Studiums bedarf es dazu nicht.
Eine Zahnreinigung ist im Übrigen keine ärztliche Behandlung. Diese darf auch eine Person durchführen, die darin unterwiesen worden ist. Eines Studiums bedarf es dazu nicht.
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Re: Zahnarzt verschickt Erinnerungs-Postkarten
auerdem hat der Zusteller das Postgeheimnis zu wahren
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Re: Zahnarzt verschickt Erinnerungs-Postkarten
Was aber nichts daran aendert, dass er diese Information erst gar nicht erhalten duerfte, denn cayuna hat Recht in dem Punkt, dass selbst das Wissen um das Bestehen eines Behandlungsverhaeltnisses unter die Schweigepflicht faellt.Roni hat geschrieben:auerdem hat der Zusteller das Postgeheimnis zu wahren
Eine interessante Fragestellung; ich tendiere dazu, dass der Zahnarzt durch die Wahl der Postkarte die Schweigepflicht verletzt, eben weil diese offen ist und von jederman gelesen werden kann. Moeglicherweise hat die zahnaerztliche Kammer mehr Informationen.
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40th president of US (1911 - 2004)
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Re: Zahnarzt verschickt Erinnerungs-Postkarten
Dummerchen hat geschrieben: Eine interessante Fragestellung; ich tendiere dazu, dass der Zahnarzt durch die Wahl der Postkarte die Schweigepflicht verletzt, eben weil diese offen ist und von jederman gelesen werden kann.
Die hier genannten informationen wären aber auch bei einem Brief offen sichtbar, wie weiter oben schon festgestellt wurde.
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Re: Zahnarzt verschickt Erinnerungs-Postkarten
Wirklich?
Waehrend jeder, der eine Postkarte in die Hand bekommt, die darauf geschriebenen Informationen lesen kann, ist dies bei einem verschlossenen Brief nicht moeglich.
Aus Absender und Empfaenger alleine kann man noch nicht ersehen, dass es sich um ein Behandlungsverhaeltnis handelt, es kann - wie ebenfalls oben schon festgestellt wurde - auch um voellig andere Dinge gehen: den Urlaub der Putzfrau, die Mieterhoehung fuer die Wohnung, die Adresse des tollen Urlaubsappartments. Bei der Postkarte, mit der jemand an seinen ueberfaelligen Termin fuer die Zahnreinigung erinnert wird, sieht das doch ganz anders aus.
Waehrend jeder, der eine Postkarte in die Hand bekommt, die darauf geschriebenen Informationen lesen kann, ist dies bei einem verschlossenen Brief nicht moeglich.
Aus Absender und Empfaenger alleine kann man noch nicht ersehen, dass es sich um ein Behandlungsverhaeltnis handelt, es kann - wie ebenfalls oben schon festgestellt wurde - auch um voellig andere Dinge gehen: den Urlaub der Putzfrau, die Mieterhoehung fuer die Wohnung, die Adresse des tollen Urlaubsappartments. Bei der Postkarte, mit der jemand an seinen ueberfaelligen Termin fuer die Zahnreinigung erinnert wird, sieht das doch ganz anders aus.
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Re: Zahnarzt verschickt Erinnerungs-Postkarten
nein weil man da ohne zu öffnen den Inhalt nicht sieht.Rechtspfleger hat geschrieben:Dummerchen hat geschrieben: Eine interessante Fragestellung; ich tendiere dazu, dass der Zahnarzt durch die Wahl der Postkarte die Schweigepflicht verletzt, eben weil diese offen ist und von jederman gelesen werden kann.
Die hier genannten informationen wären aber auch bei einem Brief offen sichtbar, wie weiter oben schon festgestellt wurde.
Q dummerchen
aber bei einer Postkarte ist es doch so, dass nur der Postbote sie lesen kann oder der Empfänger
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Re: Zahnarzt verschickt Erinnerungs-Postkarten
Dies sehe ich auch so (wg. Postkarte).Dummerchen hat geschrieben:... cayuna hat Recht in dem Punkt, dass selbst das Wissen um das Bestehen eines Behandlungsverhaeltnisses unter die Schweigepflicht faellt.
Eine interessante Fragestellung; ich tendiere dazu, dass der Zahnarzt durch die Wahl der Postkarte die Schweigepflicht verletzt, eben weil diese offen ist und von jederman gelesen werden kann. ...
Auf der sicheren Seite wäre der Arzt m.E. wenn er einen INFO-Brief oder normalen Brief senden würde. Hierdurch erhöhen sich lediglich die Porto- und Umschlagkosten für den Arzt.
Die berufliche Schweigepflicht nach § 203 StGB gilt auch gegenüber dem Postboten, weil der Postbote nicht zum medizinischen Personal gehört.Roni hat geschrieben:aber bei einer Postkarte ist es doch so, dass nur der Postbote sie lesen kann oder der Empfänger
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Re: Zahnarzt verschickt Erinnerungs-Postkarten
Hat der Patient vorher dieser Art der Werbung/Terminerinnerung via Postkarte (mündlich) zugestimmt, dann ist alles im grünen Bereich. Bei IGeL-Leistungen ist m.E. immer von einer Werbung für diese Leistung auszugehen.cayuna hat geschrieben:... Das wäre einerseits natürlich eine Werbung für seine Dienstleistung, andererseits ein Service für den Patienten.
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Re: Zahnarzt verschickt Erinnerungs-Postkarten
Jeder, der die Postkarte in die Finger bekommt, kann die lesen.Q dummerchen
aber bei einer Postkarte ist es doch so, dass nur der Postbote sie lesen kann oder der Empfänger
Die Schweigepflicht eines Zahnarztes gilt aber auch gegenueber Postboten, Ehefrauen, WG-Kollegen des Patienten oder Passanten, die eine heruntergefallene Postkarte aufheben, d.h. auch diesem Personenkreis duerfen Informatioen, die der Schweigepflicht unterliegen, nicht ohne Zustimmung des Patienten mitgeteilt werden.
Jetzt kann man natuerlich auch argumentieren, dass Mitbewohner, Ehefrauen und der Sohn den Brief oeffnen und so Kenntniss erlangen koennten, aber - hier greift, theoretisch zumindest, das Briefgeheimnis. Die duerfen das nur mit Zustimmung des Empfaengers; das die Realitaet oftmals anders aussieht, aendert nichts an der Rechtslage.
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40th president of US (1911 - 2004)
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Re: Zahnarzt verschickt Erinnerungs-Postkarten
Kommt wohl auch auf den Text an.
Zu:
würde das Behandlungsverhältnis kundtun.Es ist schon wieder 6 Monate her, dass Sie zuletzt bei uns ....
könnte es bestenfalls vermuten lassen.Eine professionelle Zahreinigung schützt vor .... Wenn Sie möchten, rufen Sie uns an zur Terminvereinbarung
Zu:
Auch ggü. med. Personal gilt die Schweigepflicht, wenn der Patient nicht davon entbunden hat (z.B. stillschweigend, indem er nicht dagegen protestiert dass die Assistenz im Raum ist).Die berufliche Schweigepflicht nach § 203 StGB gilt auch gegenüber dem Postboten, weil der Postbote nicht zum medizinischen Personal gehört.
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Re: Zahnarzt verschickt Erinnerungs-Postkarten
Das stimmt natürlich, aber meine Antwort bezog sich vor allem auf den Postboten und seine Stellung zur Praxis.FM hat geschrieben:...
Zu:Auch ggü. med. Personal gilt die Schweigepflicht, wenn der Patient nicht davon entbunden hat (z.B. stillschweigend, indem er nicht dagegen protestiert dass die Assistenz im Raum ist).Die berufliche Schweigepflicht nach § 203 StGB gilt auch gegenüber dem Postboten, weil der Postbote nicht zum medizinischen Personal gehört.
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