Urlaubssperre als kollektive Disziplinarstrafe?

Moderator: FDR-Team

spydermonkey
Topicstarter
FDR-Mitglied
Beiträge: 49
Registriert: 09.05.18, 16:36

Urlaubssperre als kollektive Disziplinarstrafe?

Beitrag von spydermonkey »

Vorab der übliche Ablauf:
1. die AN reichen in der zweiten Oktoberhälfte ihre Urlaubswünsche fürs Folgejahr ein
2. in einer Teambesprechung Anfang/Mitte November werden etwaige Terminüberschneidungen ausgemerzt
3. Anfang Dezember hängt die Teamleitung den Urlaubsplan aus, dieser gilt als offizielle Genehmigung.

Ende Oktober 2018 griff ein Teammitglied zur Notbremse in Form einer Überlastungsanzeige: nach 350 angeordneten Überstunden in 14 Monaten war das Ende der Fahnenstange erreicht. Vorausgegangen war eine ganze Reihe vergeblicher Gespräche des Mitarbeiters mit der Teamleitung UND der Teamleitung mit dem AG

Der AG nahm an der Teambesprechung im November teil, äußerte dort Verständnis, räumte eigene Versäumnisse ein und versprach Abhilfe...

Mitte Dezember fragten die Teammitglieder ihre Leitung nach dem Urlaubsplan, er war noch nicht genehmigt.

Heute hieß es als Antwort auf eine erneute Anfrage: "Der KANN nicht genehmigt werden, so lange kein neuer Mitarbeiter gefunden wurde - Euch gegenseitig zu vertreten, wie es bisher üblich war, würde ja zu weiteren Überstunden führen und die dürfen wir nach der Überlastungsanzeige nicht mehr anordnen!"

Ist das so korrekt?
SusanneBerlin
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied
Beiträge: 16199
Registriert: 05.11.12, 13:35

Re: Urlaubssperre als kollektive Disziplinarstrafe?

Beitrag von SusanneBerlin »

Hallo,

Nein, die Aussage, dass nach einer Überlastungsanzeige eines Mitarbeiters keine Überstunden mehr angeordnet werden dürfen, ist in dieser Pauschalität nicht korrekt.

Wie hat der betreffende Mitarbeiter seine Überlastungsanzeige begründet? Als mögliche Gründe stehen zur Wahl: Gefährdung der eigenen Gesundheit oder Gefährdung der Gesundheit oder Sicherheit anderer Personen, dievon der Arbeit betroffen sind.

Einen Betriebsrat gibt es wahrscheinlich nicht?
Was steht in den Arbeitsverträgen zum Thema Überstunden?
Grüße, Susanne
spydermonkey
Topicstarter
FDR-Mitglied
Beiträge: 49
Registriert: 09.05.18, 16:36

Re: Urlaubssperre als kollektive Disziplinarstrafe?

Beitrag von spydermonkey »

Sorry, ich komme gerade erst vom Dienst nach Hause.

In den Arbeitsverträgen der drei Teammitglieder steht:
* 5-Tage-Woche mit 39,5/28/19,75 Stunden
* bis zu 30 Stunden Mehrarbeit/Monat können angeordnet werden, insgesamt dürfen auf dem Zeitkonto aber - abgesehen von zwingenden Ausnahmefällen - nicht mehr als 150/150/75 Plusstunden angesammelt werden

Die Teamleitung hat einen anderen Vertrag: 6-Tage-Woche mit 39 Stunden, keine Überstundenregelung.

In der Realität sind 3-5 freie Tage/Monat sowie 50 bereits geplante Mehrstunden insbesondere für die TZ-Kräfte an der Tagesordnung, die Stundenkonten weisen zwischen 500 und 700 Plusstunden auf.

Die Begründung der Überlastungsanzeige waren bereits entstandene Gesundheitsschäden (Magengeschwür, chron. Schmerzen, chron. Erschöpfungszustand, ein mehrtägiger Klinikaufenthalt wegen des Verdachts auf einen Herzinfarkt) und die Gefahr eines längeren Ausfalls durch einen erneuten Burnout.
Außerdem hat der Mitarbeiter darauf hingewiesen, dass ihm zwar NOCH keine Fehler unterlaufen seien, er aber nicht mehr garantieren könne, dass das so bliebe.

Kein Betriebsrat.
ExDevil67
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied
Beiträge: 8359
Registriert: 17.01.14, 09:25

Re: Urlaubssperre als kollektive Disziplinarstrafe?

Beitrag von ExDevil67 »

Mal unabhängig von der konkreten Begrifflichkeit die mit einer Überlastungsanzeige verbunden ist. Da läuft was schief in der Firma und es wurde dafür gesorgt das dies auch an höherer Stelle bekannt wird.

Zum Thema Urlaubsplanung, da sollte der dezente Hinweis reichen das sich am Urlaubsanspruch der Mitarbeiter nichts ändert und das Zeitfenster in dem die Mitarbeiter ihren Urlaub konfliktfrei nehmen können wird mit jedem Tag kleiner. Extremfall wäre das ab Mitte November sich alle Mitarbeiter parallel in den Jahresurlaub verabschieden. Alle den kompletten Jahresurlaub in's nächste Jahr mitnehmen lassen wird auch nicht im Sinne des Arbeitgebers sein. Was auch rechtlich nicht gehen dürfte.
Da wird die Chefetage wohl oder übel Farbe bekennen müssen und definieren was an Aufgaben darf liegen bleiben und was nicht.

Im Zweifelsfall wird man seinen Urlaub vor'm Arbeitsgericht einklagen müssen.
spydermonkey
Topicstarter
FDR-Mitglied
Beiträge: 49
Registriert: 09.05.18, 16:36

Re: Urlaubssperre als kollektive Disziplinarstrafe?

Beitrag von spydermonkey »

ExDevil67 hat geschrieben:Mal unabhängig von der konkreten Begrifflichkeit die mit einer Überlastungsanzeige verbunden ist. Da läuft was schief in der Firma und es wurde dafür gesorgt das dies auch an höherer Stelle bekannt wird.

Zum Thema Urlaubsplanung, da sollte der dezente Hinweis reichen das sich am Urlaubsanspruch der Mitarbeiter nichts ändert und das Zeitfenster in dem die Mitarbeiter ihren Urlaub konfliktfrei nehmen können wird mit jedem Tag kleiner. Extremfall wäre das ab Mitte November sich alle Mitarbeiter parallel in den Jahresurlaub verabschieden. Alle den kompletten Jahresurlaub in's nächste Jahr mitnehmen lassen wird auch nicht im Sinne des Arbeitgebers sein. Was auch rechtlich nicht gehen dürfte.
Da wird die Chefetage wohl oder übel Farbe bekennen müssen und definieren was an Aufgaben darf liegen bleiben und was nicht.

Im Zweifelsfall wird man seinen Urlaub vor'm Arbeitsgericht einklagen müssen.
Liegen bleiben darf nichts, das Team ist im Pflegebereich tätig.
ChrisR
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied
Beiträge: 1061
Registriert: 08.09.05, 12:22
Wohnort: Hessen

Re: Urlaubssperre als kollektive Disziplinarstrafe?

Beitrag von ChrisR »

Das ist aber nicht das Problem des Arbeitnehmers. Die jeweiligen Mitarbeiter sollten nachweislich ihre Urlaubsanträge einreichen, und um eine zeitnahe Rückmeldung bitten (Angemessene Frist, ich würde hier 4 Wochen nehmen).
Sofern es keine Antwort gibt oder der Urlaub abgelehnt wird, würde ich den Gang vor das Arbeitsgericht wagen und den Urlaubsanspruch einklagen.
Wie gesagt, der Mangel an Mitarbeitern ist dem Arbeitgeber geschuldet und ist planbar, dass darf sich nicht zulasten der Mitarbeiter auswirken.

Zudem würde ich anregen, die Bildung eines Betriebsrats ernsthaft in Betracht zu ziehen.
SusanneBerlin
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied
Beiträge: 16199
Registriert: 05.11.12, 13:35

Re: Urlaubssperre als kollektive Disziplinarstrafe?

Beitrag von SusanneBerlin »

spydermonkey hat geschrieben: Liegen bleiben darf nichts, das Team ist im Pflegebereich tätig.
Wenn der Arbeitnehmer im Urlaub ist, ist das nicht sein Problem, ob die Patienten versorgt sind. Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, wie er das macht ist das ist sein Problem (= Problem des Arbeitgebers).

Wollt ihr jetzt nie wieder Urlaub machen?
ExDevil67 hat geschrieben:Im Zweifelsfall wird man seinen Urlaub vor'm Arbeitsgericht einklagen müssen.
So sieht es aus.
ChrisR hat geschrieben: Zudem würde ich anregen, die Bildung eines Betriebsrats ernsthaft in Betracht zu ziehen.
Das würde ich auch vorschlagen.
Grüße, Susanne
spydermonkey
Topicstarter
FDR-Mitglied
Beiträge: 49
Registriert: 09.05.18, 16:36

Re: Urlaubssperre als kollektive Disziplinarstrafe?

Beitrag von spydermonkey »

ChrisR hat geschrieben:Das ist aber nicht das Problem des Arbeitnehmers. Die jeweiligen Mitarbeiter sollten nachweislich ihre Urlaubsanträge einreichen, und um eine zeitnahe Rückmeldung bitten (Angemessene Frist, ich würde hier 4 Wochen nehmen).
Sofern es keine Antwort gibt oder der Urlaub abgelehnt wird, würde ich den Gang vor das Arbeitsgericht wagen und den Urlaubsanspruch einklagen.
Wie gesagt, der Mangel an Mitarbeitern ist dem Arbeitgeber geschuldet und ist planbar, dass darf sich nicht zulasten der Mitarbeiter auswirken.

Zudem würde ich anregen, die Bildung eines Betriebsrats ernsthaft in Betracht zu ziehen.

Das deckt sich mit meinen Befürchtungen - die beiden Teammitglieder, die im Oktober ihren Resturlaub von 2018 für Februar bzw Anfang März beantragt hatten, werden wohl so oder so in die Röhre gucken :(

Auf den Betriebsrat kann ich an dieser Stelle nicht eingehen, sorry.
spydermonkey
Topicstarter
FDR-Mitglied
Beiträge: 49
Registriert: 09.05.18, 16:36

Re: Urlaubssperre als kollektive Disziplinarstrafe?

Beitrag von spydermonkey »

SusanneBerlin hat geschrieben:
spydermonkey hat geschrieben: Liegen bleiben darf nichts, das Team ist im Pflegebereich tätig.
Wenn der Arbeitnehmer im Urlaub ist, ist das nicht sein Problem, ob die Patienten versorgt sind. Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, wie er das macht ist das ist sein Problem (= Problem des Arbeitgebers).

Wollt ihr jetzt nie wieder Urlaub machen?
ExDevil67 hat geschrieben:Im Zweifelsfall wird man seinen Urlaub vor'm Arbeitsgericht einklagen müssen.
So sieht es aus.
ChrisR hat geschrieben: Zudem würde ich anregen, die Bildung eines Betriebsrats ernsthaft in Betracht zu ziehen.
Das würde ich auch vorschlagen.
Natürlich wollen wir - und zwar am liebsten so, wie wir es im Oktober beantragt und im November mündlich genehmigt bekommen haben...
FM
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied
Beiträge: 24506
Registriert: 05.12.04, 16:06

Re: Urlaubssperre als kollektive Disziplinarstrafe?

Beitrag von FM »

Es ist wohl keine "Disziplinarstrafe" sondern eine Ablehnung mit betrieblichen Gründen. Das ist grundsätzlich möglich, aber nicht für das ganze Jahr.

Wenn ein Pflegedienst mit dem vorhandenen Personal unter Berücksichtigung der Ausfallzeiten nicht auskommt, kann er keine weiteren Patienten mehr annehmen.
spydermonkey
Topicstarter
FDR-Mitglied
Beiträge: 49
Registriert: 09.05.18, 16:36

Re: Urlaubssperre als kollektive Disziplinarstrafe?

Beitrag von spydermonkey »

FM hat geschrieben:Es ist wohl keine "Disziplinarstrafe" sondern eine Ablehnung mit betrieblichen Gründen. Das ist grundsätzlich möglich, aber nicht für das ganze Jahr.

Wenn ein Pflegedienst mit dem vorhandenen Personal unter Berücksichtigung der Ausfallzeiten nicht auskommt, kann er keine weiteren Patienten mehr annehmen.
Als Disziplinarstrafe wird es von den Teammitgliedern empfunden, weil die Ablehnung auf unbestimmte Zeit ja vom AG als Folge der Überlastungsanzeige begründet wird.

Wäre es rein rechtlich eigentlich ein Unterschied, wenn der Personalengpass dadurch entstände, dass ein weiteres (bisher nicht erwähntes) Teammitglied von Februar an 8 Monate Elternzeit nimmt?
SusanneBerlin
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied
Beiträge: 16199
Registriert: 05.11.12, 13:35

Re: Urlaubssperre als kollektive Disziplinarstrafe?

Beitrag von SusanneBerlin »

Wenn die Mitarbeiter bereits jetzt aufgrund der unzureichenden Personaldeckung ständig Überstunden machen müssen und jetzt auch noch eine Mitarbeiterin in Elternzeit geht, muss der Arbeitgeber eben für Ersatz sorgen, d.h. eine Elternzeitvertretung einstellen.

Die Elternzeit einer Mitarbeiterin ist kein Grund, den Mitarbeitern den ihnen zustehenden Urlaub zu verweigern. Denn die Elternzeit kommt ja nicht überraschend, die Elternzeit muss 6 Wochen vorher angemeldet werden. Genug Zeit, damit der Arbeitgeber eine Vertretung einstellen kann.
Grüße, Susanne
spydermonkey
Topicstarter
FDR-Mitglied
Beiträge: 49
Registriert: 09.05.18, 16:36

Re: Urlaubssperre als kollektive Disziplinarstrafe?

Beitrag von spydermonkey »

SusanneBerlin hat geschrieben:Wenn die Mitarbeiter bereits jetzt aufgrund der unzureichenden Personaldeckung ständig Überstunden machen müssen und jetzt auch noch eine Mitarbeiterin in Elternzeit geht, muss der Arbeitgeber eben für Ersatz sorgen, d.h. eine Elternzeitvertretung einstellen.

Die Elternzeit einer Mitarbeiterin ist kein Grund, den Mitarbeitern den ihnen zustehenden Urlaub zu verweigern. Denn die Elternzeit kommt ja nicht überraschend, die Elternzeit muss 6 Wochen vorher angemeldet werden. Genug Zeit, damit der Arbeitgeber eine Vertretung einstellen kann.
Danke :)
ExDevil67
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied
Beiträge: 8359
Registriert: 17.01.14, 09:25

Re: Urlaubssperre als kollektive Disziplinarstrafe?

Beitrag von ExDevil67 »

Wieso weshalb warum die Personaldecke dünn ist, braucht die Mitarbeiter nicht zu interessieren.

Und auch bezüglich des Resturlaubes muss keiner in die Röhre schauen. Kann man natürlich wenn man nur über die Umstände jammert. Man kann aber auch zu sehen das man selber den A... hochbekommt, sein Helfersyndrom vergisst und an sich selbst denkt (dann ist nämlich automatisch an Alle gedacht) und beim Arbeitgeber eine Entscheidung bezüglich des Urlaubs einfordern.
Da der AG die Pläne/Wünsche der Mitarbeiter schon seit Oktober kennt, würde ich auch keine 4 Wochen sondern eher 2 als Frist ansetzen und im, absehbaren, Ablehnungsfall ohne lange zu fackeln klagen. Die Chancen dürften auch recht gut stehen, da die Gründe die der AG anführen wird alle in seinem Einflussbereich liegen und er sie auch schon länger kennt. Da muss der AG dann halt mal durch wenn Mitarbeiter sich nicht ausnutzen lassen und ihre ihnen zustehende Rechte einfordern.

Genauso mit der Gründung eines Betriebsrates. Angehen, egal was der AG davon hält. Optimal schickt man als Mitarbeiter dabei examiniertes Pflegepersonal vor. Soll der AG die doch feuern, nach meiner Beobachtung dürfte es für die Mitarbeiter kein Problem sein eine neue Stelle zu finden. Umgekehrt dürfte es aber für den AG schwer werden mal eben schnell neue Mitarbeiter mit Examen zu finden. Die er aber braucht damit sein Personalschlüssel stimmt.
Pünktchen
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied
Beiträge: 5758
Registriert: 14.09.04, 16:23

Re: Urlaubssperre als kollektive Disziplinarstrafe?

Beitrag von Pünktchen »

Wenn ich das richtig verstehe, gibt es keine Urlaubssperre. Das würde bedeuten, der Arbeitgeber verbietet einem, in einem bestimmen Zeitraum Urlaub zu nehmen. Der Arbeitgeber zögert offenbar die Genehmung des Urlaubs hinaus.
Antworten Thema auf Facebook veröffentlichen Thema auf Facebook veröffentlichen