Jura studieren?
Moderator: FDR-Team
-
Topicstarter - FDR-Mitglied
- Beiträge: 303
- Registriert: 05.02.12, 01:22
Jura studieren?
Wie der Titel schon sagt, überlege ich mir, das Fach zu studieren. Warum das? Nun, ich habe mich schon immer für rechtliche (und kriminologische) Fragen interessiert.
Mir gefällt daran vor allem die Logik, mit der in juristischen Kontexten (soweit ich es jedenfalls beurteilen kann) argumentiert wird. Schon in der Schule haben mir Erörterungen Spaß gemacht, weil man dort alle Argumente abwägt und schlüssig aufeinander bezieht und strittige Fragen in jeder Hinsicht durchleuchtet, um am Ende eine plausible Gesamtwürdigung zu Papier bringen. Außerdem fasziniert mich der Versuch des Rechts, alle möglichen Ereignisse des alltäglichen Lebens vom Abschluss eines Vetrages bis zum Mord zu systematisieren. Ich denke gerne analytisch, besonders in Bezug auf Sprache. Beispielsweise untersuche ich gerne Reden auf rhetorische Strategien und das, was "zwischen den Zeilen" mitschwingt.
Meine Lieblingsfächer in der Schule waren Deutsch und Mathe (und Geschichte). Gehasst habe ich dagegen Chemie und Physik. Momentan studiere ich zwei Geisteswissenschaften, die mich zwar immer noch interessieren, aber nicht mehr so, dass ich micht dort langfristig motivieren kann. Die Arbeitsweise (eigene kritiche Auseinandersetzung mit der Forschungsliteratur sowie das Erstellen eigener Hypothesen bereits in der ersten Hausarbeit) gefällt mir aber (und würde ich auch etwas vermissen, wenn das bei Jura anders ist)
Menschlich lege ich wert auf vernünftige Mitmenschen. Prahler, Wichtigtuer sowie oberflächliche Leute ("Jura-Tussen") sind mir unsympathisch. Leider habe ich gehört, dass gerade dieser Menschenschlag gerne Juar studiert. Werde ich trotzdem Kommilitonen finden, mit denen ich zurechtkomme?
Langer Rede, kurzer Sinn: Können sich diejenigen, die das Studium kennen, vorstellen, dass ich von meinen Denkweisen und Interessen gefallen am Studium finde? Hat jemand vielleicht ein Lehrbuch für Anfänger, an dem man gut testen kann, ob einem das Fach liegt? Außerdem bin ich bald schon Mitte Zwanzig. Kann das nach dem Studium zum Problem werden?
Danke fürs Lesen
Mir gefällt daran vor allem die Logik, mit der in juristischen Kontexten (soweit ich es jedenfalls beurteilen kann) argumentiert wird. Schon in der Schule haben mir Erörterungen Spaß gemacht, weil man dort alle Argumente abwägt und schlüssig aufeinander bezieht und strittige Fragen in jeder Hinsicht durchleuchtet, um am Ende eine plausible Gesamtwürdigung zu Papier bringen. Außerdem fasziniert mich der Versuch des Rechts, alle möglichen Ereignisse des alltäglichen Lebens vom Abschluss eines Vetrages bis zum Mord zu systematisieren. Ich denke gerne analytisch, besonders in Bezug auf Sprache. Beispielsweise untersuche ich gerne Reden auf rhetorische Strategien und das, was "zwischen den Zeilen" mitschwingt.
Meine Lieblingsfächer in der Schule waren Deutsch und Mathe (und Geschichte). Gehasst habe ich dagegen Chemie und Physik. Momentan studiere ich zwei Geisteswissenschaften, die mich zwar immer noch interessieren, aber nicht mehr so, dass ich micht dort langfristig motivieren kann. Die Arbeitsweise (eigene kritiche Auseinandersetzung mit der Forschungsliteratur sowie das Erstellen eigener Hypothesen bereits in der ersten Hausarbeit) gefällt mir aber (und würde ich auch etwas vermissen, wenn das bei Jura anders ist)
Menschlich lege ich wert auf vernünftige Mitmenschen. Prahler, Wichtigtuer sowie oberflächliche Leute ("Jura-Tussen") sind mir unsympathisch. Leider habe ich gehört, dass gerade dieser Menschenschlag gerne Juar studiert. Werde ich trotzdem Kommilitonen finden, mit denen ich zurechtkomme?
Langer Rede, kurzer Sinn: Können sich diejenigen, die das Studium kennen, vorstellen, dass ich von meinen Denkweisen und Interessen gefallen am Studium finde? Hat jemand vielleicht ein Lehrbuch für Anfänger, an dem man gut testen kann, ob einem das Fach liegt? Außerdem bin ich bald schon Mitte Zwanzig. Kann das nach dem Studium zum Problem werden?
Danke fürs Lesen
-
- FDR-Mitglied
- Beiträge: 865
- Registriert: 03.06.12, 12:45
Re: Jura studieren?
Ob man sich mit dem Jurastudium wohl fühlt, kann man ja ziemlich einfach ausprobieren. Das Testen von Vorlesungen und Lehrbüchern sollte für einen Studenten eigentlich kein Problem sein.
Das Studium ist nicht einfach - man muss sich eine Menge Wissen aneignen und dieses in kürzester Zeit präzise reproduzieren und übertragen. Insbesondere vor dem ersten Examen wird das Studium sehr intensiv.
Die Frage, ob einem das Studium liegt, ist aber kurz gegriffen. Nach dem ersten Staatsexamen will ein Referendariat absolviert werden, dass schon etwas völlig anderes ist als das Studium. Dicke Akten durcharbeiten ist eine ganz andere Erfahrung, als Sachverhalte von einer Din-A-4-Seite hoch theoretisch aufzuarbeiten. Eine frühes Praktikum - vielleicht bei einem Anwalt für Sozialrecht und Arzthaftungsrecht - kann da die Augen öffnen.
Das wichtigste ist m.E., dass nach dem Referendariat die Praxis kommt. Und die hat mit dem Studium meist kaum noch etwas zu tun.
Zudem gibt es einfach viel zu viele Juristen.
Die Gefahr ist daher groß, nach langem Studium und Referendariat ein minimales Gehalt für eine relativ öde Arbeit zu verdienen.
Um dem vorzubeugen hilft es wohl, wenn man sich sehr für Wirtschaft, Steuern, Gesellschaftsrecht und ähnliches interessiert und diese Interessen möglichst mit internationalem Bezug verfolgt. Außerdem sollte man gerne wenigstens 12 Stunden am Tag mit einem gewissen Druck und unter karrieregeilen Schnöseln arbeiten. Wenn man das für sich bejaht und glaubt, dass das auch in 7-8 Jahren noch so sein wird, dann kann man eigentlich gleich loslegen.
Im Bereich Kriminologie dürfte das Geld nicht gerade auf der Straße liegen. Mit Realschulabschluss und dreijähriger Ausbildung im kaufmännischen Bereich wird man in aller Regel deutlich besser verdienen.
Wer - wie der Großteil aller Jurastudenten - nach dem 2. Staatsexamen auf den Anwaltsmarkt stürmt, braucht im Übrigen Qualitäten, die er regelmäßig weder im Studium noch während des Referendariats erwirbt. Da geht es um unternehmerische Fähigkeiten, um Mandantenakquise und "sich-verkaufen". Ca. 20 % derjenigen, die jedes Jahr neu zur Anwaltschaft zugelassen werden, machen sich nur deswegen selbständig, weil sie niemand anstellt. Ohne ein ordentliches Startkapital ist der Start ins selbständige Anwaltsleben aber sehr schwer zu bewältigen. Das eigene Einkommen reicht oft nicht zum Leben. Wunderbare Starthilfen wie die Ich-AG gehören der Vergangenheit an.
Das Studium ist nicht einfach - man muss sich eine Menge Wissen aneignen und dieses in kürzester Zeit präzise reproduzieren und übertragen. Insbesondere vor dem ersten Examen wird das Studium sehr intensiv.
Die Frage, ob einem das Studium liegt, ist aber kurz gegriffen. Nach dem ersten Staatsexamen will ein Referendariat absolviert werden, dass schon etwas völlig anderes ist als das Studium. Dicke Akten durcharbeiten ist eine ganz andere Erfahrung, als Sachverhalte von einer Din-A-4-Seite hoch theoretisch aufzuarbeiten. Eine frühes Praktikum - vielleicht bei einem Anwalt für Sozialrecht und Arzthaftungsrecht - kann da die Augen öffnen.
Das wichtigste ist m.E., dass nach dem Referendariat die Praxis kommt. Und die hat mit dem Studium meist kaum noch etwas zu tun.
Zudem gibt es einfach viel zu viele Juristen.
Die Gefahr ist daher groß, nach langem Studium und Referendariat ein minimales Gehalt für eine relativ öde Arbeit zu verdienen.
Um dem vorzubeugen hilft es wohl, wenn man sich sehr für Wirtschaft, Steuern, Gesellschaftsrecht und ähnliches interessiert und diese Interessen möglichst mit internationalem Bezug verfolgt. Außerdem sollte man gerne wenigstens 12 Stunden am Tag mit einem gewissen Druck und unter karrieregeilen Schnöseln arbeiten. Wenn man das für sich bejaht und glaubt, dass das auch in 7-8 Jahren noch so sein wird, dann kann man eigentlich gleich loslegen.
Im Bereich Kriminologie dürfte das Geld nicht gerade auf der Straße liegen. Mit Realschulabschluss und dreijähriger Ausbildung im kaufmännischen Bereich wird man in aller Regel deutlich besser verdienen.
Wer - wie der Großteil aller Jurastudenten - nach dem 2. Staatsexamen auf den Anwaltsmarkt stürmt, braucht im Übrigen Qualitäten, die er regelmäßig weder im Studium noch während des Referendariats erwirbt. Da geht es um unternehmerische Fähigkeiten, um Mandantenakquise und "sich-verkaufen". Ca. 20 % derjenigen, die jedes Jahr neu zur Anwaltschaft zugelassen werden, machen sich nur deswegen selbständig, weil sie niemand anstellt. Ohne ein ordentliches Startkapital ist der Start ins selbständige Anwaltsleben aber sehr schwer zu bewältigen. Das eigene Einkommen reicht oft nicht zum Leben. Wunderbare Starthilfen wie die Ich-AG gehören der Vergangenheit an.
-
Topicstarter - FDR-Mitglied
- Beiträge: 303
- Registriert: 05.02.12, 01:22
Re: Jura studieren?
Danke schon mal für die ausführliche Antwort
Die Studenten- und Anwaltsschwemme ist mir bekannt, aber ich habe auch nicht wirklich vor, Anwalt zu werden.
Dass das Studium schwer ist weiß ich auch, aber welches Studium ist das nicht (jedenfalls, wenn man gute Noten will)
das mache ich auch. Aber vielleicht kennt ja jemand ein bestimmtes Lehrbuch, dass erfahrungsgemäß ein besonders guter Indikator ist, ob einem das Fach liegt (vielleicht liest der ein oder andere Dozent hier ja mit?).Rechtausleger hat geschrieben:Das Testen von Vorlesungen und Lehrbüchern sollte für einen Studenten eigentlich kein Problem sein.
Die Studenten- und Anwaltsschwemme ist mir bekannt, aber ich habe auch nicht wirklich vor, Anwalt zu werden.
Dass das Studium schwer ist weiß ich auch, aber welches Studium ist das nicht (jedenfalls, wenn man gute Noten will)
-
- FDR-Mitglied
- Beiträge: 865
- Registriert: 03.06.12, 12:45
Re: Jura studieren?
Da die rechtswissenschaftliche Ausbildung immer noch den Einheitsjuristen zum Ziel hat, sind die Themen breit gefächert. Der Student hat sich sowohl mit dem Zivilrecht und seinen Spezialgebieten als auch mit dem öffentlichen Recht und dem Strafrecht zu befassen. Für alles gibt es unterschiedliche Lehrbücher und üblicherweise liegen einem nicht alle Bereiche gleich gut.Plinius der Jüngere hat geschrieben:das mache ich auch. Aber vielleicht kennt ja jemand ein bestimmtes Lehrbuch, dass erfahrungsgemäß ein besonders guter Indikator ist, ob einem das Fach liegt (vielleicht liest der ein oder andere Dozent hier ja mit?).
Das Strafrecht ist sicherlich das einfachste Rechtsgebiet. Hier kann sich m. E. auch ein Laie recht schnell einen Überblick verschaffen. Leider gehen gerade in diesem Bereich Studium und Praxis sehr weit auseinander.
Themen, die Studenten eher Schwierigkeiten bereiten, sind beispielsweise das Bereicherungsrecht (insbesondere im Drei-Personen-Verhältnis), das Immobiliarsachenrecht (Hypothekenrecht etc.). Ob es aber für einen Einsteiger Sinn macht, die eigene Begeisterungsfähigkeit an diesen Kapiteln zu messen - das weiß ich nicht.
Tatsächlich ist die Verwendung von Lehrbüchern Geschmacksache.
Die meisten Studenten bedienen sich vor dem1. Examen kommerzieller Repetitoren und deren umfangreichen Unterlagen.
Das gesamte examensrelevante Wissen kann man sich m. E. auch sehr gut anhand von Skripten aneigenen (Alpmann-Schmidt; Hemmer u.a.). Die sind teilweise sehr viel leichter zu verstehen als Lehrbücher und haben den großen Vorteil, dass sie Themen klausurnah darstellen, das heißt, die Probleme werden gutachterlich gelöst - so, wie der Student sie in Klausuren selbst lösen muss.
Hast du denn eine klare Vorstellung von dem Beruf, den du letztlich ergreifen willst?Plinius der Jüngere hat geschrieben:Die Studenten- und Anwaltsschwemme ist mir bekannt, aber ich habe auch nicht wirklich vor, Anwalt zu werden.
(Für den Bereich Kriminologie dürfte doch ein Studium der Sozialwissenschaften passender sein.)
Re: Jura studieren?
Vielleicht solltest Du Dir mal Fritjof Haft, "Einführung in das juristische Lernen" zu Gemüte führen.
Jura ist eigentlich nicht schwer, wenn man das System begriffen hat. Leider studieren und studierten viel zu viele junge Leute Jura, weil ihnen nichts besseres einfällt und sie zu dem Studium dann auch keinen Zugang finden. Wenn man dann noch versucht, Gesetze auswendig zu lernen oder "Fälle", und den Hintergrund nicht begreift, ist der Untergang vorprogrammiert.
Mit einem Prädikatsexamen, insbesondere auch noch mit einem gehobenen, kann es einem egal sein, wie viele Juristen es gibt.
Jura ist eigentlich nicht schwer, wenn man das System begriffen hat. Leider studieren und studierten viel zu viele junge Leute Jura, weil ihnen nichts besseres einfällt und sie zu dem Studium dann auch keinen Zugang finden. Wenn man dann noch versucht, Gesetze auswendig zu lernen oder "Fälle", und den Hintergrund nicht begreift, ist der Untergang vorprogrammiert.
Mit einem Prädikatsexamen, insbesondere auch noch mit einem gehobenen, kann es einem egal sein, wie viele Juristen es gibt.
-
- FDR-Mitglied
- Beiträge: 865
- Registriert: 03.06.12, 12:45
Re: Jura studieren?
Das kann ich aus eigener Erfahrung leider nicht bestätigen.Redfox hat geschrieben:Mit einem Prädikatsexamen, insbesondere auch noch mit einem gehobenen, kann es einem egal sein, wie viele Juristen es gibt.
Was Schwierigkeiten bereitet ist meist nicht die Thematik, sondern die Stofffülle.Redfox hat geschrieben:Jura ist eigentlich nicht schwer, wenn man das System begriffen hat.
Haben Sie Jura studiert?
Re: Jura studieren?
Da hat Redfox durchaus recht. Viele Jurastudenten machen den Fehler, nur Spezialprobleme zu pauken und vergessen dabei, die Grundlagen zu lernen.Redfox hat geschrieben:Jura ist eigentlich nicht schwer, wenn man das System begriffen hat.
Im Verwaltungsrecht ist es z.B. hilfreich, den grundsätzlichen Aufbau der Prüfung eines Verwaltungsaktes zu kennen. Wenn ich den beherrsche und auch weiß, warum was wie gemacht wird, muss ich nicht zwingend die Spezialprobleme samt Lösung kennen, da ich anhand der juristischen Arbeitsweisen und Auslegungstechniken mir das Problem selbst erschließen kann und eine Lösung entwickeln kann. Das zeigt sich dann insbesondere bei unbekannten Problematiken: Der "Systemlerner" wird damit zurechtkommen und eine vertretbare Lösung entwickeln. Der "Speziallerner" wird schwimmen und wahrscheinlich untergehen.
Grundsätzlich gilt mMn: Wer das System verstanden hat, kann auch Spezialprobleme lösen.
Ein Professor sagte uns mal (sinngemäß): "Jura ist prinzipiell nicht schwer. Sie werden nur einen ständigen Kampf gegen das Vergessen führen."
Hier bin ich ganz bei Rechtsausleger: Die einzelnen Rechtsgebiete sind grundsätzlich gar nicht so schwer zu beherrschen (jeweils für sich genommen). Was Jura zu einem sehr anspruchsvollen Studium macht, ist definitv die Stofffülle.
Im ZivilR: BGB AT, Schuldrecht AT und BT, Sachenrecht, Familienrecht, Erbrecht, Zivilprozessrecht, Zwangsvollstreckungsrecht, Handelsrecht, Gesellschaftsrecht (Aufzählung nicht abschließend)
Im öffentlichen Recht: Staatsorganisationsrecht, Grundrechte/Verfassungsrecht, Verfassungsbeschwerde, Verwaltungsrecht AT, Verwaltungsrecht BT (Kommunalrecht, Polizeirecht, Abgabenrecht, Baurecht, Immissionsschutzrecht, usw.), Verwaltungsprozessrecht (Aufzählung auch hier nicht abschließend)
Im Strafrecht: Strafrecht AT, Strafrecht BT (die einzelnen Delikte), Strafprozessrecht, Jugendstrafrecht
Wie gesagt: Die Aufzählung ist nach wie vor nicht abschließend. Ein guter Jurist muss dazu in der Lage sein, auch mit unbekannten Rechtsgebieten umzugehen. Hinzu kommen noch Grundlagenfächer wie juristische Methodenlehre, Rechtsgeschichte, Kriminologie usw..
Wenn Sie das nicht abschreckt: Viel Spaß bei Ihrem Jurastudium!
Das erzählen Sie besser nicht meinen Kollegen Wer einen Zugang dazu hat, wird es (relativ) einfach finden. Wer jedoch diesen Zugang nicht findet, kann anhand der vielen Meinungsstreitigkeiten schon verzweifeln.Rechtausleger hat geschrieben:Das Strafrecht ist sicherlich das einfachste Rechtsgebiet.
JuraPunk
-
Topicstarter - FDR-Mitglied
- Beiträge: 303
- Registriert: 05.02.12, 01:22
Re: Jura studieren?
Nein, soweit ich weiß findet Kriminologie in den Sozialwissenschaften kaum statt (anders als beispielsweise in den USA). Hierzulande hängt man sich an die Rechtswissenschaften (zumindest was den akademischen Bereich betrifft)Rechtausleger hat geschrieben:Hast du denn eine klare Vorstellung von dem Beruf, den du letztlich ergreifen willst?Plinius der Jüngere hat geschrieben:Die Studenten- und Anwaltsschwemme ist mir bekannt, aber ich habe auch nicht wirklich vor, Anwalt zu werden.
(Für den Bereich Kriminologie dürfte doch ein Studium der Sozialwissenschaften passender sein.)
Danke, das guck ich mir mal anRedfox hat geschrieben:Vielleicht solltest Du Dir mal Fritjof Haft, "Einführung in das juristische Lernen" zu Gemüte führen.
wie Umfangreich sind diese Bereiche, die nicht unmittelbar mit Recht zu tun haben? behandelt man das nur mal am Anfang, oder ist das ein wichtiger Teil des ganzen Stdiums?JuraPunk hat geschrieben:Hinzu kommen noch Grundlagenfächer wie juristische Methodenlehre, Rechtsgeschichte, Kriminologie usw..
Re: Jura studieren?
Wie umfangreich die Nichtrechtfächer sind, kommt darauf an: Die Grundlagenfächer gehen idR über ein Semester. Gerade juristische Methodenlehre ist jedoch enorm wichtig, da man die Inhalte dieses Fachs sein ganzes Juristenleben anwendet.
Kriminologie hatte ich im Schwerpunktsstudium (Kriminalwissenschaften) über zwei Semester.
JuraPunk
Kriminologie hatte ich im Schwerpunktsstudium (Kriminalwissenschaften) über zwei Semester.
JuraPunk
-
- FDR-Mitglied
- Beiträge: 865
- Registriert: 03.06.12, 12:45
Re: Jura studieren?
Wikipedia sieht das wie du.Plinius der Jüngere hat geschrieben:Nein, soweit ich weiß findet Kriminologie in den Sozialwissenschaften kaum statt (anders als beispielsweise in den USA). Hierzulande hängt man sich an die Rechtswissenschaften (zumindest was den akademischen Bereich betrifft)
Da die Kriminologie in meinem Studium gar keine Rolle spielte, und eigentlich nur von Studenten mit dem Wahlfach Strafrecht mal über ein Semester belegt wurde, hatte ich das anders eingeschätzt.
Zudem braucht man nach Vorstellung der Bundesagentur für Arbeit wohl nicht unbedingt ein juristisches Studium, um Kriminologe zu werden.
http://berufenet.arbeitsagentur.de/beru ... esultShort
Viele Jobs scheint es aber für Kriminologen nicht zu geben. Eine Suche bei der Jobbörse der Agentur für Arbeit ergibt genau 0 Ergebnisse. Sucht man nach Jobs für Juristen, findet man eigentlich auch nie eine Stelle für Kriminologen.
Ich glaube auch, dass sehr viele Volljuristen begeistert wären, irgendwo in diesem Bereich arbeiten zu können. Meine Vorstellung ist aber die, dass die praxisnahen Stellen im kriminologischen Bereich mit Polizisten besetzt werden und daneben vor allem Stellen für wissenschaftliche Hilfskräfte/Mitarbeiter an Universitäten existieren. Das sind aber keine Stellen, die für für ein Berufsleben als Kriminolge taugen.
Sieht das jemand anders oder hat jemand andere Informationen?
Re: Jura studieren?
Hm, ich weiß ja nicht, wie weit Sie das verstehen, evtl. meinten Sie es ganz anders; dann können Sie meinen Beitrag gerne igonireren.Plinius der Jüngere hat geschrieben:Die Arbeitsweise (eigene kritiche Auseinandersetzung mit der Forschungsliteratur sowie das Erstellen eigener Hypothesen bereits in der ersten Hausarbeit) gefällt mir aber (und würde ich auch etwas vermissen, wenn das bei Jura anders ist)
Aber es ist definitiv nicht so, dass man in Hausarbeiten eigene Ansätze zu irgendwelchen Problemen entwirft. Oftmals ist das nicht mal in den Schwerpunktseminararbeiten so.
Natürlich muss man in Jura ständig abwägen. Die Abwägung geschieht aber in Bezug auf den konkreten Fall. Es ist -jedenfalls im Studium- nicht so, dass man mit Dingen konfrontriert wird, die noch nicht ausdiskutiert sind. "Eigene Hypothesen" werden da wohl eher nicht anfallen. In sagen wir mal 99% aller Fälle läuft es darauf hinaus, dass man aufarbeitet, was in der Rechtswissenschaft für Meinungen vertreten werden und dass man sich dann für eine dieser Meinungen entscheidet. Aber nicht aufgrund eigener Argumente. Die Meinungen kennen sich gegenseitig und kritisieren sich auch gegenseitig. Man findet die Argumente einer Seite überzeugender und schließt sich denen an.
Und um Ihnen auch die letzte Illusion zu nehmen: Man schließt sich in der Regel der Meinung an, die der Klausursteller im Auge hatte. Das macht das Leben und die Note nämlich gleich viel leichter.
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Aber in Jura geht es nicht im Geringsten um die "Erstellung eigener Hypothesen". Man setzt sich zwar kritisch mit Ansichten auseinander [Nach dem Studium kommt übrigens die Praxis. Und da hört es dann auch mit der kritischen Auseinandersetzung mit Forschungsliteratur auf. Da wird gemacht, was die obersten Bundesgerichte machen]. Aber anders als etwa in einem Philosophiestudium. In Jura geht es darum, die Funktionsweise der- und die Abläufe in der Gesellschaft zu begreifen. Es geht darum, mit diesem Hintergrundverständnis eine schier unübersichtliche Anzahl von Normen auszulegen. Nicht als Selbstzweck, sondern um ganz konkrete Probleme zu lösen.
In Jura wird nicht rumphilosophiert und sich über irgendwelche Probleme des Kosmos ausgelassen, sondern man kriegt eine ganz enge Frage und muss diese ganz präzise lösen.
Lange Rede, kurzer Sinn: In Jura geht es darum, Probleme schnell und präzise, ohne Abschweifungen, ohne Eingehen auf sicherlich interessante, aber irrelevante Punkte zu lösen. Natürlich lernt man während des Studiums, sich auf das wesentliche zu konzentrieren. Aber wer lieber rumphilosophiert, oder um dieses Wort mal einzubringen, wer lieber "problematisiert", der ist in meinen Augen ganz falsch in Jura.
Die Problemlösung geschieht übrigens wie gesagt auf Grundlage des geltenden Rechts. Auch da haben viele eine falsche Vorstellung. Ich schreibe das jetzt deshalb, weil mich der oben zitierte Satz etwas aufschreckt: Es geht in Jura meist nicht um moralische Gerechtigkeitsüberlegungen, sondern um rationales Anwenden von Normen. Es kommt auch mal vor, dass der arme Verbraucher gegen die böse Großbank verliert. Um sich da kritisch mit auseinanderzusetzen...muss man schon BGH-Richter sein.
Gruß Hafish
Kritik kann subjektiv als verletzend empfunden werden und ist daher generell zu unterlassen. - jaeckel
-
Topicstarter - FDR-Mitglied
- Beiträge: 303
- Registriert: 05.02.12, 01:22
Re: Jura studieren?
das habe ich befürchtet. Schade finde ich das schon, aber ich könnte damit durchaus leben (solange die Meinungen schön logisch und nachvollziehbar sind). Was mich interessiert ist, wie die Juristen versuchen, allen nur denkbaren Kram, den Menschen im Alltag so tun, mit Normen zu regeln und zu systematisieren. Da passt es mir wiederum ganz gut, wenn es im Jurastudium darum geht, abstrakte Normen auf konkrete Einzelfälle zu beziehen.Hafish hat geschrieben:In sagen wir mal 99% aller Fälle läuft es darauf hinaus, dass man aufarbeitet, was in der Rechtswissenschaft für Meinungen vertreten werden und dass man sich dann für eine dieser Meinungen entscheidet
so naiv, wie Sie offenbar vermuten, bin ich nichtEs geht in Jura meist nicht um moralische Gerechtigkeitsüberlegungen, sondern um rationales Anwenden von Normen.
Ich studiere übrigens nicht Philosopphie sondern etwas, was ich für "handfester" halte (bilde ich mir jedenfalls ein, ohne die zweifellos wichtige Philosophie abwerten zu wollen).
Danke für die ausführliche Antwort!
PS: wie schnell muss man denn lernen? Muss man beispielsweise am Ende der Vorlesung "Strafrecht BT" wirklich ALLE Normen beherrschen? (ich nehme dieses Beispiel, weil ich da schon eine ungefähre Vorstellung von den Normen und der Lehrveranstaltung haben)
Re: Jura studieren?
Spätestens am Ende der Vorlesung sollten Sie für die erfolgenden Abschlussklausuren alle Inhalte grundsätzlich beherrschen. Es ist jedoch so, dass man gewisse Sachen und Zusammenhänge erst später begreift (insb. im ZivilR z.B.).
JuraPunk
JuraPunk
-
- FDR-Mitglied
- Beiträge: 865
- Registriert: 03.06.12, 12:45
Re: Jura studieren?
Die Frage nach dem Lerntempo lässt sich schwer beantworten.Plinius der Jüngere hat geschrieben:PS: wie schnell muss man denn lernen? Muss man beispielsweise am Ende der Vorlesung "Strafrecht BT" wirklich ALLE Normen beherrschen? (ich nehme dieses Beispiel, weil ich da schon eine ungefähre Vorstellung von den Normen und der Lehrveranstaltung haben)
Im Strafrecht geht es m. E. weniger darum, sämtliche Normen des StGB genau zu kennen.
Natürlich gibt es wichtige und häufig zu prüfende Normen, zu denen man die gebräuchlichen Definitionen (und Meinungsstreitigkeiten) kennen muss (Körperverletzungsdelikte, Mord und Totschlag, Diebstahl, Betrug, Hausfriedensbruch, Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort und einige mehr). Letzlich geht es aber vor allem darum, einen Fall auch dann schnell und überzeugend lösen zu können, wenn man es mit einer unbekannten Norm zu tun hat. Dafür muss man bestimmte Strukturen (vor allem StGB AT) und die üblichen Auslegungsgrundsätze beherrschen. Auf das Ergebnis kommt es bis einschließlich zum ersten Staatsexamen überhaupt nicht an. Deshalb braucht sich der Student in der Regel auch kaum Gedanken um höchstrichterliche Rechtsprechung zu machen. Er löst seine Fälle nach allgemeinen Grundsätzen. Allerdings spult er dabei auch eine riesige Fülle an zumindest in Grundzügen auswendig gelernten Meinungsstreitigkeiten ab. Diese Meinungsstreitigkeiten machen einen Großteil des universitären Lernens aus, während sie in der Praxis nahezu keine Rolle spielen.
-
- Letzte Themen