Was tun, wenn der Anwalt unerwartet verstirbt?

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Lucky
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Was tun, wenn der Anwalt unerwartet verstirbt?

Beitrag von Lucky »

Mandant A hat eine Klage laufen und auch einen beachtlichen Betrag an Gerichtskostenvorschuss an den Anwalt bezahlt. Da bekommt er ein Fax von der RA-Sekretärin, dass der Anwalt überraschend verstorben ist. Was sollte Mandant A in einem solchen Fall tun?
Gibt es eine Regelung für solche Fälle, z.B. dass die Anwaltkammer dafür sorgt, dass die laufenden Fälle von einem Nachfolger übernommen und weiter bearbeitet werden? Oder muss sich Mandant A selbst um einen neuen Anwalt kümmern?
Ist der bezahlte Gerichtskostenvorschuss geschützt, damit er nicht in der Erbmasse landet?
MfG
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Milo
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Re: Was tun, wenn der Anwalt unerwartet verstirbt?

Beitrag von Milo »

Bis eine qualifizierte Antwort kommt, hier mal vorab was zum lesen: http://www.brak.de/w/files/01_ueber_die ... 090525.pdf

Ist die Klage schon bei Gericht? Dann gilt das selbe für den Gerichtskostenvorschuss.
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Nordlicht14
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Re: Was tun, wenn der Anwalt unerwartet verstirbt?

Beitrag von Nordlicht14 »

Ob qualifiziert, weiss ich nicht. Jedenfalls erst mal eine Beruhigung.

Die Rechtsanwaltskammer bestellt relativ bald, ca nach 4 Wochen, einen Abwickler der Kanzlei. Die Kanzlei muss ja nun geordnet aufgelöst werden. Entweder hat der Verstorbene für solchen Fall einen Kollegen vorher benannt, sonst ein anderer. Dieser hat die primäre Aufgabe, die Kanzlei und Mandate zu beenden. Es ist nicht leicht, jemanden zu finden für die Kammer, denn es muss ja erst geklärt sein, in welchen Fachgebieten der Killege tätig war, damit der Abwickler das fachlich etwa auch kann (was nützt ein Abwickler einer Familien- und Erbkanzlei, der Verkehrsrechtler ist), und der Kollege muss neben seine Kanzlei auch die Zeit haben, mal eben rasch nen kompletten Kanzleibestand aufzuarbeiten und vorher also nicht ausgelastet gewesen sein. Gleichzeitig kann es auch kein Berufsanfänger machen, die zwar nicht ausgelastet sind, aber weit zu wenig Erfahrung für diese ansprzchsvolle Stressarbeit haben. Dann muss der Kollege auch ein grosses Büro haben, weil er den Aktenbestand zusatzlich zu seinem unterbringem muss. Zudem muss er auch finanziell recht gut gestellt sein, denn bis er aus dem Erbe des verstorbenen Kollegen Vergütungsvorschüsse durchgesetzt hat, kann viel Zeit vergehen und jede Akte, die wir führen, löst ja in einer Kanzlei erst mal ein paar Hundert Euro Kosten aus, bevor man etwas verdient hat. Ist einer gefunden, muss dieser sich erst mit den Erben über seine Vergütung einigen bevor er anfangen kann. Einigen sich die Erben mit ihm nicht, setzt das die Kammer fest. Dafür braucht sie vom Abwickler einen Eindruck, was alles anfällt. So braucht das halt eun paar Wochen.
Sie werden dann brieflich vom Abwickler informiert und haben daher etwas Geduld.

Es gilt laut eines Artikels kürzlich im Anwaltsblatt als empfehlenswert zu prüfen, welche Mandate gekündigt werden konnen, da die Abwicklung maximal ein Jahr dauern soll und die meisten Mandate ja länger dauern.

Das dürfte eher Mandate betreffen, die fast am Ende sind und nur noch Restarbeiten. Andere werden fortgefuhrt, und auf andere Anwälte übertragen. Meist wird sich der Abwickler diese selbst ranziehen, ein Grund warum manche Kollegen gern Abwicklung machen. Manches wird auf andere übertragen. Sie versuchen, damit auf einen Schwung Mandate zu generieren.
Als erstes muss der Abwickler Mandanten und Gerichte informieren. Dann sofort die Akten lesen und sehen, wo Fristen laufen und diese ggf verlängern oder eben abarbeiten.

Sie erhalten also bald einen neuen Anwalt. Natürlich können Sie auch selbst sich einen neuen Vertrauensanwalt suchen. Vorteil, den zugeordneten zu behalten: Ihr Hinorarvorschuss bleibt Ihnen erhalten. Der Abwickler hat den ja zwar nicht bekommen, darf ihn aber für seine Weiterarbeit nicht neu erheben. Das iat eben der Schutz den Mandanten haben bei Anwalten generell, wenn ein solcher Fall eintritt. Anders als zb in Gewerbefirmen. Wenn das da passiert, müssen Sie selbst wen Neues beauftragen und nochmal neu bezahlen.

Der Abwickler bearbeitet dann das Nötige in den Mandaten fort und sieht zu, dass das möglichst schnell beendet werden kann. Oder nimmt es sonst in seine eigene Kanzlei hinein. Ihr Gerichtskostenvorschuss(haben Sie den denn an den Anwalt und nicht an das Gericht gezahlt?) ist sog. Fremdgels und muss daher noch auf dem Anderkonto des Verstirbenen sein. Das wird der Abwickler an das Gericht leiten oder Ihnen zurück senden, falls er das Mandat kündigt.
Finanziell geht Ihnen also nichts verloren, nur erhalten Sie jemand anderen, der weiter macht.

Wenn Sie sich einen anderen suchen, können Sie natürlich das Mandat da selbst kündigen; bei dem Neuen müssen Sie natürlich neuen Honorarvorschuss bezahlen, denn der braucht ja nichts vom Verstorbenen anzurechnen.
Lucky
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Re: Was tun, wenn der Anwalt unerwartet verstirbt?

Beitrag von Lucky »

Herzlichen Dank für die ausführliche Information.
Da bin ich erst mal beruhigt und warte in Ruhe ab.
MfG
Lucky
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juggernaut
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Re: Was tun, wenn der Anwalt unerwartet verstirbt?

Beitrag von juggernaut »

Lucky hat geschrieben:Mandant A hat eine Klage laufen ...
abhängig vom stand des prozesses sollte allerdings die mitteilung nach § 244 ZPO gemacht werden. das kann der mandant selbst, auch vor dem (ober)land(es)gericht, weil es sich dabei nicht um einen erklärung handelt, für die man postulationsfähig sein muss.
juggernaut
Redfox hat geschrieben:Das ist ein Irrtum. Beamte arbeiten nicht. Sondern ... machen sonstwas. Aber arbeiten tun sie nicht.
JuraPunk
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Re: Was tun, wenn der Anwalt unerwartet verstirbt?

Beitrag von JuraPunk »

Nordlicht14 hat geschrieben:der Killege
Entschuldigung für OT, aber in dem Zusammenhang hier hätte ich gerade fast meinen Kaffee über den Bildschirm ergossen. :devil:

JuraPunk
Baschtl123
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Re: Was tun, wenn der Anwalt unerwartet verstirbt?

Beitrag von Baschtl123 »

Guten Abend,

schon mal vielen Dank an "Nordlicht14" für den sehr ausführlichen Beitrag.
Ich hätte ein paar Fragen aus einer möglichen Sicht einer Familie eines verstorbenen Anwalts.
Nordlicht14 hat geschrieben: Gleichzeitig kann es auch kein Berufsanfänger machen, die zwar nicht ausgelastet sind, aber weit zu wenig Erfahrung für diese anspruchsvolle Stressarbeit haben.
Wenn angenommen, sehr Zeitnah nach dem Ableben des Verstorbenen, ein junger engagierter Volljurist gefunden würde, der sich bereit erklären würde die Kanzlei zu übernehmen, dann sollte dies doch rechtlich möglich sein, bzw. wie ist die Rechtslage?

Persönlich sehe ich hier auch keinen großen Unterschied zu einem erfahreneren Anwalt, der zwar über viel mehr Wissen verfügt, aber sich je nach eigener Arbeit nicht mit der Zeit oder Engagement mit den entsprechenden Fällen befassen könnte, wie es z.B. ein noch sehr junger Anwalt es tun kann der sich voll auf diese Kanzlei.
So wie sich das für mich anhört würde ein Abwickler der Kanzlei die Hinterbliebenen in den finanziellen Ruin treiben.

Danke,
baschtl123
Nordlicht14
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Re: Was tun, wenn der Anwalt unerwartet verstirbt?

Beitrag von Nordlicht14 »

Warum sollte das die Familie in den finanziellen Ruin treiben?
Die Kanzlei wird abgewickelt - so regelt es das Berufsrecht und so geschieht es.
Der Abwickler soll sich mit den Erben möglichst auf eine Vergütung einigen - tut er es nicht oder gelingt es nicht, setzt die Kammer seine Vergütung fest. Die Angehörigen/Erben sind also daran interessiert, sich mit ihm zu einigen. Da es die Aufgabe des Abwicklers ist, binnen rund 6 Monatwn die Kanzlei abgewickelt zu haben, maximal nach 1 Jahr, und es dafür Ziele gibt, ist das auch sparsam möglich. Der Abwickler soll die Mandate entweder zügig beenden (also die erste Zeit sichten, welche fachlich einem zügigen Prozessende zugeführt werden können oder welche zügig gekündigt werden können) oder übertragen, welche nicht zügig möglich sind zu beenden. Also werden die, die zügig gekündigt oder ordentlich beendet werden können, gekündigt oder beendet und der Abwickler rechnet diese ab. Aus den sich ergebenden Schlussrechnungen, bei denen die von den Mandanten gezahlten Vorschüsse an den Verstorbenen natürlich angerechnet werden mössen, erhölt er seine Vergütung. Ist also für die Erben kostenneutral. Der Abwickler ist ja kein angestellter der Erben.

Die Mandate, die Langläufr > 1 Jahr noch sind und nicht zügig beendet werden können binnen 1 Jahres, muss er übertragen. Entweder auf sich selbst, wenn er daran interessiert sein sollte - dann erhält er seine Vergütung aus den folgenden Honoraren ganz normal - oder auf andere Anwälte, wenn das zb fachlich besser passt - dann fliessen seine Honorare, wenn es optimal läuft, aus den Verkaufserlösen des betreffenden Ressorts oder Mandatspakets.
Das ist mithin die Vergütung dann und nur dann, wenn die Mandate nicht brauchbar waren, um jemanden zu interessieren sie zu übernehmen, fallen gesondert Vergütungen bei den Erben an. Das betrifft also nur Kanzleien, die vom verstorbenen Anwalt vernachlässigt, schlampert oder unprofessionell geführt wurden wahrscheinlich oder uninteressante Rechtsgebiete betrafen, die kaum wer kaufen möchte oder zu hoch speziell waren.

Einem Berufsanfänger das zu übertragen, ist hoch kritisch, und auch die Kammern setzen keine ein, sondern suchen erfahrene Kollegen dafür, die sich dafür bereit erklären (setzt voraus, dass sie über grosse freie Zeitkapazitäten verfügen oder angestellte Anwälte haben, die sie noch auslasten können/müssen) und auch das nötige Büro-Personal dafür haben und freien Platz für die aktenbestände.

Wenn ausnahmsweise einmal ein junger Kollege eine abzuwickelnde Kamzlei kaufen möchte, setzt er sich mit dem Abwickler der Kammer in Verbindung dafür. Wie die Wege dafür laufen? Keine Ahnung - das ist eher eine seltene Entwicklung. Das wird dann aber dieser junge kaufinteressierte Kollege ja wissen, da er Anwalt ist und zudem am Kauf interessiert, ansonsten erkundigt man sich nach diesem Weg bei der Kammer, wie das geht.
Nordlicht14
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Re: Was tun, wenn der Anwalt unerwartet verstirbt?

Beitrag von Nordlicht14 »

Nein, ein junger Berufsanfänger steht nicht annähernd für die Angehörigen so ähnlich da wegen noch viel freier Zeit noch, wie ein erfahrener Anwalt, mit weniger Zeit aber weit mehr Kenntnissen und Erfahrungen - das ist ein Riesenunterschied. Wenn die Angehörigen die Restkanzleimandate, die nicht vom abwickler beendet werden können, sondern noch fortgeführt werden müssen, an einem jungen Anfänger verkaufen wollen aus preislichen Gründen, werden sie dafür sicher ihre - nicht ganz ersichtlichen - Gründe haben. Es hat noch immer gegolten: wer billig kauft, kauft zweimal. Deshalb ist ein erfahrenerer Abwickler immer besser, auch enen erfahren mit einer grösseren Zahl an Abwicklungen, was nur wenige Anwälte können überhaupt und machen.

Die Hinterbliebenen dürften bis dahin aber jedenfalls kaum an einem jungen Berufsanfänger als Abwickler interessiert sein, nur um auf die letzten 100 Euro noch zu schielen, die sie evtl aus einem Abwicklungsfall und Teilverkauf noch heraus lösen wollen und nach Abzug aller Kanzleibetriebskosten bis zur Kündigung aller Verträge und Beendigung aller Mandate noch als übrigen Gewinn zu kassieren. Immerhin ist das Haftungsrisiko eines Abwicklers extrem hoch - in besten Fall ungewiss, im worst case extremst untragbar, wenn zb Kanzleien abgewickelt werden, die marode und vernachlässigt geführt wurden. Der abwickelnde Kollege gerät potentiell ja praktisch womöglich in eine Untiefe an wie auch immer geführten Mandaten und hat ab Tag 1 ein sehr hohes Haftungsrisiko. Das wird kaum ein sehr junger Berufsanfänger stemmen - weder von seinen beruflichen Kenntnissen noch seinem praktischen Mandatserfahrungen, wie auch nicht finanziell von seiner Haftpflichtversicherungssumme, die bei entsprechend auskömmlicher Deckungshöhe auch heftig teuer ist und junge Anfänger meist nur die ersten Jahre die Mindestversicherungssumme von lächerlich niedrigen 250.000 unterhalten. Meist erhöht man der Erfahrung nach erst nach vielen Berufsjahren als selbständiger Anwalt seine Versicherungssumme auf eine sinnvoll hohe, weil eben auch die Jahresprämie dafür exorbitant steigt.

Die Hinterblieben tragen also mit dem Erbfall ein potentiell hohes, für sie selbst zunächst unbekanntes und wegen der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht auch nicht einsehbares , finanzielles Risiko, da Haftungsfälle des Erblassers, die etwaig nicht versichert sind (wenn zb der verstorbene Erblasser etwaig seine Versicherungssumme weit zu niedrig nur unterhalten hatte, aber Mandate mit höherem Haftungsrisiko angenommen hatte u womöglich schlecht geführt, oder aus diversen anderen Gründen nicht gedeckte Haftungsfälle) und erben dann die nicht versicherten Haftungsschäden. Es hat schon seinen Grund, warum die Kammern keine Berufsanfänger dafür akzeptieren.

Es dürfte also kaum interessant sein für Hinterbliebene, im Strebem, die letzten 10 Euro aus einem etwaigen Kanzleiverkauf heraus zu holen, einen unerfahrenen Anwalt als Abwicköer der Kanzlei bestellt zu sehen.

Ausserdem können die Hinterbliebenen ja auch das Erbe ausschlagen (dann ist aber alles weg, auch das Bankkonto, Haus, Auto etc des Erblassers), dann brauchen sie auch keine Sorge hsben, finanziell ruiniert zu werden. Finanziell ruiniert werden sie potentiell nur, wenn ihr Angehöriger als Erblasser seine Kanzlei und Mandate nachlässig und unprofessionell geführt hatte.
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Re: Was tun, wenn der Anwalt unerwartet verstirbt?

Beitrag von Baschtl123 »

Vielen Dank für die sehr, sehr ausführliche Antwort zu solch einer späten Stunde!
In meinen hypothetischen Überlegungen ging es den Angehörigen nie darum, Profit aus einem möglichen Kanzleiverkauf zu generieren. Daher wäre es in diesem Sinne interessant, wie man die Kanzlei weiterführen könnte. Ein erfahrener Abwickler, würde wie sie bereits sehr ausführlich dargelegt haben, die Angelegenheit schnellst möglich und effizient „abwickeln“. Die Kanzlei gäbe es dann nicht mehr.
Nordlicht14 hat geschrieben:Da es die Aufgabe des Abwicklers ist, binnen rund 6 Monatwn die Kanzlei abgewickelt zu haben, maximal nach 1 Jahr, und es dafür Ziele gibt, ist das auch sparsam möglich
In meiner Überlegung wäre es für die Hinterbliebenen und im Sinne des Verstorbenen wesentlich wichtiger, dass die Kanzlei weitergeführt wird. Daher, was wäre wenn man schnell einen jungen Anwalt findet, dem man die Kanzlei überlässt (!) ohne diese zu verkaufen. So würde man dem auch jungen Anwalt auch so eine Existenzgründung ermöglichen und dieser könnte die Kanzlei im Sinne des Verstorbenen weiterführen.

Wegen der anfallenden Kosten:
Nordlicht14 hat geschrieben: Der Abwickler soll sich mit den Erben möglichst auf eine Vergütung einigen - tut er es nicht oder gelingt es nicht, setzt die Kammer seine Vergütung fest.
Vielleicht bin ich hier bei meiner Einstellung zu pessimistisch, aber bei den anfallenden Kosten für das Honorar eines erfahrenen Abwicklungsanwaltes sehe ich eine riesen nicht zu bezahlenden Betrag vor mir, auch, dass die Kamer ggf. hier den Betrag benennt ist da nur wenig aufmunternd.
Aber hier habe ich mich für die hypothetische Idee einfach zu wenig eingelesen um sich einen Überblick zu schaffen.
Nordlicht14 hat geschrieben:Wenn ausnahmsweise einmal ein junger Kollege eine abzuwickelnde Kamzlei kaufen möchte, setzt er sich mit dem Abwickler der Kammer in Verbindung dafür. Wie die Wege dafür laufen? Keine Ahnung - das ist eher eine seltene Entwicklung. Das wird dann aber dieser junge kaufinteressierte Kollege ja wissen, da er Anwalt ist und zudem am Kauf interessiert, ansonsten erkundigt man sich nach diesem Weg bei der Kammer, wie das geht.
Ja ich merke, dass das ein sehr spezieller Fall ist, der auch in solch einer Form schwierig diskutiert werden kann, vielen Dank nochmals!
ExDevil67
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Re: Was tun, wenn der Anwalt unerwartet verstirbt?

Beitrag von ExDevil67 »

Baschtl123 hat geschrieben:Vielen Dank für die sehr, sehr ausführliche Antwort zu solch einer späten Stunde!
In meinen hypothetischen Überlegungen ging es den Angehörigen nie darum, Profit aus einem möglichen Kanzleiverkauf zu generieren. Daher wäre es in diesem Sinne interessant, wie man die Kanzlei weiterführen könnte. Ein erfahrener Abwickler, würde wie sie bereits sehr ausführlich dargelegt haben, die Angelegenheit schnellst möglich und effizient „abwickeln“.
Nordlicht14 hat geschrieben:Da es die Aufgabe des Abwicklers ist, binnen rund 6 Monatwn die Kanzlei abgewickelt zu haben, maximal nach 1 Jahr, und es dafür Ziele gibt, ist das auch sparsam möglich
So wäre es für die Hinterbliebenen und im Sinne des Verstorbenen wesentlich wichtiger, dass die Kanzlei weitergeführt wird. Daher meine angenommene Überlegung, was wäre wenn man schnell einen jungen Anwalt findet, dem man die Kanzlei überlässt (!) ohne diese zu Verkaufen. So würde man dem auch jungen Anwalt auch so eine Existenzgründung ermöglichen und dieser könnte die Kanzlei im Sinne des Verstorbenen weiterführen.
Die Frage dürfte sein, ginge das überhaupt (noch)? Die Erben werden ja kaum die Kanzlei selber fortführen dürfen und einfach die Mandate überlassen dürfte ohne Zustimmung der Mandanten auch nicht klappen.
Zumal an so einer Kanzlei ja auch der eine oder andere Vertrag hängen dürfte (Telefon, Räume etc) der sich auch nicht mal eben wird umschreiben lassen. Dann wird es sicher auch den einen oder anderen real greifbaren Gegenstand mit einem Wert X geben, den kann man zwar verschenken aber das Finanzamt wird da ggf auch für interessieren.
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Re: Was tun, wenn der Anwalt unerwartet verstirbt?

Beitrag von Nordlicht14 »

Das wird so alles kaum gehen.

Zum einen schon können die Erben/die Erbin Baschtl nicht die Kanzleimandate an einen anderen übergeben so einfach, da dem,wie vom Vorredner gesagt, die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht entgegen steht. Sie dürfen das nicht seibst an irgendwen übergeben. Sie haben schlicht keinen Einblick in die Mandatsakten und dürfen diesen auch unter keinen Umständen bekommen. U.a. Aus diesem Grunde wird ja die Abwicklung von der Kammer sofort angeordnet und muss bis binnen 4 Wochen begonnen haben. Man wird als Erbin Baschtl dann halt auf den Abwickler zugehen müssen, zu ersuchen, dass dieser mit dem jungen Anwalt, der dies als Existenzgründung haben will, dies erörtert und verhandelt, ob dies denkbar ist und ob der junge Anwalt geeignet ist, die Mandate zu übernehmen und fortzuführen.

Der Hinweis auf das Finanzamt ist gut. Denn der Kanzleiwert fällt bei den Erben ja als Nachlass zur Versteuerung an, jedenfalls zumindest dann, wenn die Mandate nicht zügig abgewickelt sind. Hierzu muss ein Steuerberater Auskunft geben, ob oder ob evtl nicht, wenn die Mandatsberhältnisse binnen kurzer Zeit erledigt sein sollten. Daran dürften die Erbin Baschtl Interesse haben, dass der Wert der Kanzlei eher Richtung 0-wenig tendiert, was ja auch meist der Fall ist, da man heutzutage ohnehin ja kaum noch Kanzleien oder Arztpraxen verkaufen kann.
Wenn dann die Erbin Baschtl die Mandatsverhältnisse einem jungen Anwalt „schenken“ will, was schon kaum oder schwer geht wegen der Abwicklung, dürfte wohl bei Baschtl halt der Nachlasswert fiktiv zur Versteuerung sicher anfallen, sofern es nicht im Freibetrag ist. Das würde dann sicher der teuerste Weg, sich in die Abwicklung einzumischen> es zu verschenken, aber den tatsächlichen Wert versteuern zu müssen. Wie die Versteuerung des Nachlasses eines Anwalts (genauso eines Arztes, eines Architekten eines Apothekers etc) tatsächlich läuft, muss ein Steuerberater sagen und dazu gefragt werden. Dies ist keine anwaltsrechtliche Thematik, sondern eine steuerrechtliche und Steuerberater oder Fachanwälte für Steuerrecht dafür zuständig.

Es ist zudem komplett irreal, eine Kanzlei an einen jungen Anwalt zu verschenken, das macht niemand.

Die Kanzleiverteäge wie Miete, Personal, sonstige Verträge etc, bearbeitet NICHT der Abwickler und kümmert sich nicht um diese. Das machen die Erben. Der Abwickler ist ein reiner Kanzleiabwickler und wird von der Kammer eingesetzt, auch wenn es Erben nicht wünschen. Dies ist eine berufsrechtliche Regelung im Interesse der Mandanten - nicht der Erben.
Der Abwickler ist KEIN Testamentsvollstrecker. Mit den Verträgen der Kanzlei hat er nichts zu tun.

Die von den Kammern festzusetzende Vergütung wird anhand der jeweiligen Kamzlei bestimmt (Grösse/Anzahl der offenen Mandate/ Schwierigkeit der Mandate etc). Es wurde gerade in einem der letzten Anwaltsblätter erörtert und wird dies auch zur zu vereinbarenden Vergütung empfohlen. Es sind keine Unsummen, sondern - zum Leid der Abwickler, die eben ja nur an einer Abwicklung interessiert sein können, um eben ggf bei Wunsch einen Teil der Mandate zu übernehmen), geringes Honorar.
Es kann daher nachgelesen werden im Anwaltsblatt, was der junge Anwalt, der die Kanzlei geschenkt haben möchte, ja für Baschtl tun kann.
Nordlicht14
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Re: Was tun, wenn der Anwalt unerwartet verstirbt?

Beitrag von Nordlicht14 »

zur Rechtsberatung über Kanzleiverkäufe/-übergaben/-abwicklung (anwaltliches Spezialgebiet) an wenige spezialisierte Anwälte wenden. Das kann kein Forum leisten. Zb Prof. Dr. Volker Römermann. (Das ist nicht das Nordlicht hier!)

https://www.roemermann.com/de/kanzlei/r ... rmann.html
Baschtl123
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Re: Was tun, wenn der Anwalt unerwartet verstirbt?

Beitrag von Baschtl123 »

Vielen Dank für die vielen Kommentare, ich hätte nie mit einer solchen Resonanz gerechnet.
Hingegen der hier anscheinend festen Überzeugung, dass es sich um einen reales Problem handelt, waren wie bereits mehrfach beschrieben meine Überlegungen einfach nur hypothetischer Natur. Ich bin keine Witwe, auch nicht weiblich.
Die Diskussion zeigt viele Probleme auf, und mir fallen aus Spaß an der Diskussion so viele weitere wesentliche Punkte die man aufführen könnte und der Sachverhalt würde sich komplett ändern. Eine Beratung über solch ein solch ein komplexes Thema würde niemals über ein (öffentliches!) Forum geschehen.
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